Die Scheiben des schwarzen Mittelklasse-SUV zittern, als er auf den Sparkassenparkplatz rollt. Man hört die Beats deutlich, Deutschrap, vielleicht Fler oder Haftbefehl. Aus dem Auto steigen zwei junge Männer, freundliches Geflachse auf Arabisch. Auf der anderen Straßenseite ist ein Bauzaun errichtet, dort, an einer großen hellblauen Brandmauer, sieht man eine regenbogenbunte Wandmalerei, die einen vielsprachig in „einer bunten Stadt“ willkommen heißt.
Die bunte Stadt, die einen hier begrüßt, heißt Flensburg. Nicht jedoch die „hyggeligste Stadt im Norden Schleswig-Holsteins“ ist gemeint, sondern der Stadtteil Flensburg-Neustadt, durch den der Autoverkehr zum pittoresken Museumshafen rollt. Bis vor einigen Jahren war vor der hellblauen Mauer der Parkplatz eines großen Supermarktes, dessen nüchterner Flachdachbau nun ebenfalls hinter dem Bauzaun verborgen ist.
Über den Zaun lugt ein markantes gelb-blaues Schild, das an die Einzelhandelskette EDEKA erinnert, die seit 1965 auf diesen Farbkontrast setzt. Doch es ist nicht der ehemalige Supermarktpächter, der hier seinen Namen hinterlassen hat, vielmehr steht auf dem Schild, blau auf gelbem Grund, ein Slogan in der Vergangenheitsform: „Wo wir Lebensmittel liebten“. Als dann auf dem Gehweg ein elektrisch angetriebenes Seniorenmobil erscheint, das rasch auf das Areal abbiegt, am Steuer eine Gestalt, die einem gesichtslosen Crashtest-Dummy gleicht, ist endgültig klar: Hier wird Theater gemacht....