5. Im Dickicht der Akte
von Matthias Warstat
Erschienen in: Recherchen 174: Interventionen politischen Theaters (07/2025)
Im ersten Teil des Buches wurde bereits eine Vielzahl an Formen politischen Theaters vorgestellt, die Bandbreite reicht von der zielgerichteten Agitprop-Revue bis zum integrativen Flashmob, vom konzentrierten Dokumentartheater bis zum überbordenden Massenspiel. Die Varianz der intervenierenden Formen erscheint auch deshalb so groß, weil keine strikte Begrenzung auf politisches Theater im künstlerischen Sinne und auch keine Beschränkung auf einzelne Aufführungen vorgenommen wurde. Von Beginn an sollte berücksichtigt werden, dass es politische Performances innerhalb und außerhalb des Feldes der Künste gibt: Aktionen auf der Straße können von Theater- oder Kunstinstitutionen beauftragt sein, meist kommen sie aber ohne eine solche Anbindung an Kunstinstitutionen aus. Es ist nicht unwichtig, ob ein Bezug zu den Künsten besteht oder hergestellt wird, aber es ist auch nicht alles entscheidend für die Frage nach politischer Wirksamkeit. Künstler:innen können zugleich Aktivist:innen sein, genauso wie Aktivist:innen zugleich Künstler:innen sein können.1 Auch die mediale Struktur von politischen Performances kann ganz unterschiedlich ausfallen. Politische Performances können sich im Hier und Jetzt der Aufführung entfalten und auf aufführungstypische Medien wie Schriftprojektion, Mikrofonie oder Videoeinspielungen zurückgreifen; sie können mit Megafonverstärkung auf der Straße oder auf öffentlichen Plätzen stattfinden, sich aber auch ganz oder teilweise ins Internet bzw. in digitale Medien verlagern. Nicht erst...