Nachruf
Philosophische Gedankenspiele fürs große Publikum
Zum Tod des englischen Dramatikers Tom Stoppard (1937 – 2025)
von Holger Teschke
Assoziationen: Europa Akteur:innen Dramatik Tom Stoppard Hessisches Staatstheater Wiesbaden

Ich glaube an das Publikum“, sagte Tom Stoppard im Juni 2004 in einem Gespräch, das wir in London anlässlich der Uraufführung des letzten Teiles seiner Trilogie „The Coast Of Utopia“ führten. „Ich hänge sehr vom Interesse und von der Aufgeschlossenheit meines Publikums gegenüber den Ideen dieser Stücke ab. Deshalb versuche ich alles, um aus Ideen auch Theaterstücke zu machen.“ Das ist dem 1937 im tschechischen Zlín als Tomáš Sträussler geborenen Dramatiker seit seinem Durchbruch 1966 mit „Rosencrantz and Guildenstern Are Dead“ immer wieder auf überraschende Weise gelungen. Der Einfall, die beiden unglücklichen Freunde, die Hamlet ausspionieren sollen, in die Welt eines Wandertheaters zu versetzen und dort ihren Auftrag in Beckett’scher Absurdität durchspielen zu lassen, begeisterte Kritik und Publikum. Seither gilt Tom Stoppard als einer der wichtigsten Bühnenautoren Großbritanniens. 1990 verfilmte er sein frühes Erfolgsstück mit Tim Roth und Gary Oldman und wurde dafür bei den Internationalen Filmfestspielen in Venedig mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet.
Komplexität im Spiel
Als Sohn jüdischer Eltern, die 1939 mit ihm und seinem Bruder vor der Wehrmacht zunächst nach Singapur und nach dem Überfall der Japaner nach Indien flohen, hat er die Konflikte des 20. Jahrhunderts seit seiner Kindheit hautnah erlebt. 1946 kehrte seine Mutter mit...
















