Gespräch
Vor der Wende hatte ich viel mehr Mut
Ein Gespräch mit Hanne Wandtke
von Angela Rannow und Hanne Wandtke
Erschienen in: Mut Palucca – Faszination und Verantwortung (11/2025)
Assoziationen: Sachsen Tanz Gret Palucca

Du wurdest im Jahr 1939 geboren. Wie kam es dazu, dass du Tänzerin wurdest? War es deine Idee?
Mein Vater war Elektroingenieur und Konstrukteur. Er hat für die Firma Telefunken gearbeitet und gut verdient. Aber er bekam eine schwere Lungentuberkulose. Er starb, als ich zwölf Jahre alt war. Meine Mutter hatte keine Berufsausbildung, war Hausfrau und musste nun plötzlich die Familie ernähren. Sie hat dann bei Zeiss Ikon Fototaschen kontrolliert. Ich war eine gute, aber keine sehr gute Schülerin. In der achten Klasse dachte ich, dass ich selbstverständlich zu einer weiterführenden Schule gehen würde. Aber das war ein gewaltiger Irrtum. Da mein Elternhaus zur Intelligenz zählte, wurde mir das verwehrt. An meiner Schule in Dresden-Tolkewitz gab es eine Tanzgruppe und einen Chor. Sie wurden von der Musik- und Sportlehrerin Eva Rath geleitet, die später als Sängerin ans Metropoltheater in Berlin ging. Ich habe gut gesungen und sehr gerne in dieser Tanzgruppe getanzt. Ich war einfach künstlerisch begabt. Eines Tages riefen der Schuldirektor Herr Schlegel und Frau Rath meine Mutter und mich in die Schule. Sie meinten, dass sie sich wegen der Schüler:innen Gedanken gemacht hätten, die aufgrund der politischen Verhältnisse kein Abitur machen durften. Ich war ja nicht die einzige,...















