Magazin
Baggerfahrer in wüster Landschaft
Der Schauspieler und Sänger Alexander Scheer ist das Ereignis in Andreas Dresens Film „Gundermann“
von Thomas Irmer
Erschienen in: Theater der Zeit: Nino Haratischwili: Fürchtet den Frieden (10/2018)
Gerhard Gundermann ist wahrscheinlich nicht der interessanteste Künstler aus der DDR, an den man erinnern sollte. Erst nach deren Ende wurde der Liedermacher zu einer Figur, die sich praktisch aus ihrer Vergangenheit heraus auf widersprüchliche Weise mit den verschiedensten Anschlussmöglichkeiten entfaltete. Eine der Identifikationsfiguren ist der aus dem geschundenen Lausitzer Braunkohlenrevier stammende Gundermann, der als Chef der Band Die Seilschaft mit Bruce Springsteen als Vorbild in gefühligen Texten das Pathos der DDR-Rock-Lyrismen, samt ihrer großen Metaphern vom Leben an sich, mit der eigenen Erfahrung als Baggerfahrer in den wüsten Landschaften verknüpft. Das war ein Osttrotz, der in den neunziger Jahren selbst ins ARD-Radio ausstrahlte und wegen seiner sensiblen, auch in der Literatur damals nur selten vernommenen magischen Poesie des Alleinseins viele ansprach. Andererseits war Gundermann wirklich ein Tölpel, der sich an der Oberschule zur Ausbildung als Politoffizier bei der NVA überreden ließ und später als überzeugter, aber unangepasster Kommunist gegen den DDR-Schlamassel sogar um sein SED-Parteibuch kämpfte. Da ist er schon als IM angeworben und liefert – was der Gundermann in dem neuen Film von Andreas Dresen sichtlich bedauert.
Wie nur wenige damals suchte Gundermann die einst Bespitzelten persönlich auf, und das gibt dem biografischen Film eine überzeugende dramaturgische Grundlage,...