Auftritt
Theater Thikwa Berlin: Dinner-Theater mal anders
„Tod in der Tupperbox. Ein Mordsmenü“ von und mit Theater Thikwa und Frl. Wunder AG – Szenographie, Kostüm, Food Design För Künkel, Musik & Sound Katharina Pelosi und Louis Edler
von Thomas Irmer
Assoziationen: Theaterkritiken Berlin Dossier: Inklusion Fräulein Wunder AG Theater Thikwa

Kantine, Mensa, Krankenhaus – Großküchenessen schmeckt meist nach nichts. Aber woran liegt das? Das ist die Frage – der Ausgangspunkt eines mehrgängigen Menüs aus Ernährungsaufklärung, Dinnerkrimi und Geschmacksveränderungsexperiment. Das Publikum sitzt an vier großen Tischen in der angestammten Hinterhofspielstätte in Kreuzberg. Es ist bereits gedeckt, da kommt als Aperitif ein knallroter „Rachelwuschkin“ auf den Tisch, ein Mix aus Mineralwasser, Erdbeersirup und Zitronensaft mit Rosmarin. Später wird man erkennen, dass dieser Drink bereits ein Thema des Abends enthält: die Verbindung von gegensätzlichen Geschmacksrichtungen. Aber erstmal wird man von Konstantin Langenick und den anderen Thikwa-Spieler:innen Hannah Grzimek, Rachel Rosen und Mereika Schulz im Serviettenfalten unterwiesen, schließlich soll alles stilvoll zugehen.
Die aufgeführte Handlung entspinnt sich um eine offenbar verdorbene Eintopftorte aus Gemüse in Gelee in einer Tupperbox. Eine Kommissarin (Rachel Rosen) soll ermitteln, das Publikum bekommt dazu Aufgaben, im Ausschlussverfahren herauszufinden, warum Hannah, die gar nicht in der Kantine isst, vom Essen krank wurde.
Seit 2023 wird das Theater Thikwa für Künstler:innen mit und ohne Behinderung von Nicole Hummel und Laura Besch geleitet, die das Prinzip der Zusammenarbeit mit anderen freien Gruppen erfolgreich fortsetzen. Zusammen mit Glanz & Krawall entstand jüngst das Bürokratie-Musical „Die Tüten von der Verwaltung“, das demnächst auch beim Festival Politik im Freien Theater in Leipzig zu sehen ist. Für die Dinner-Show haben sie mit den drei Frauen der Frl. Wunder AG – Melanie Hinz, Verena Lobert und Marleen Wolter – und den Thikwa-Akteur:innen zusammengearbeitet. Als Restaurant-Kapelle fungieren Katharina Pelosi und Louis Edler mit vorproduzierter, aber live gesteuerter Musik zu dem Geschehen um die Tische herum.
Es kommt natürlich nur ganz Gesundes auf den Teller. Als Hauptgang lauter Sachen, die mit K anfangen: Karotten, Kichererbsen, Kohl (fermentiert) und Kürbiskerne. Das soll die Aufmerksamkeit für mögliche Zusammenhänge stärken. Als Dessert-Höhepunkt gibt es einen Versuch mit der westafrikanischen Wunderbeere, deren Protein Miraculin den Geschmackssinn sauer in süß umwandeln kann, was an einer zitronigen Creme ausprobiert wird.
Außerdem gibt es Aufklärung zur Verdauung, nämlich als Kostüme von der Speiseröhre bis zum Dickdarm, die fürs Menü-Finale getragen werden. Da wird dann auch der Krimi-Fall unter Zuhilfenahme des in der Vorstellung akkumulierten Mehrwissens ums Essen geklärt.
Bekanntlich ist Giulia Enders‘ „Darm mit Charme“ ein Bestseller geworden. „Tod in der Tupperbox“ ist da thematisch als quirliges Dinner-Krimi-Theater nah dran. Natürlich mit einem herzlichen Augenzwinkern.
Erschienen am 8.10.2025