Menschliche Tragödien löst Covid-19 aus, sorgt für existenzielle Dramen – und ist für alle, die das Glück hatten, sich noch nicht zu infizieren, zumindest ein Trauerspiel, denn nur ein Heilmittel scheint gesellschaftlich wirksam: sich sozial und damit körperlich fernzubleiben. Wenn jeder Schritt, jede Geste aufeinander zu kritisch beäugt wird, jedes leidenschaftliche, vielleicht laut und feucht gesprochene Wort nur im Abstand von einigen Metern möglich ist, herrscht auch in den Theatern dystopischer Naturalismus. Nichts geht mehr. Also ab mit den Inhalten in den virenfreien virtuellen Raum, wo Künstler mit Künstlern und Publikum vorschriftsmäßig kontaktlos umgehen können. Dort weiterhin Texte mit Schauspielern zu inszenieren, haben aber nur wenige Theater den Mut. Muss doch 3-D-Bühnen- in 2-D-Monitorkunst umgeswitcht werden. Theaterregisseure sind aber keine genuinen Filmregisseure, was auch umgekehrt gilt, und die stadttheatereigenen Videoteams häufig auch eher Techniker denn Künstler. Aber warum nicht jetzt Quereinstiege versuchen? Theatrale Selbstermächtigung in neuer digitaler Ausprägung!
Noch ganz viel Theater spürbar ist bei Antú Romero Nunes. Um die Premiere seiner „Ode an die Freiheit“ nicht ganz ausfallen zu lassen, hat er die letzten Proben vor der Schließung des Thalia Theaters in Hamburg mit Kamerabegleitung fortgesetzt. „Maria Stuart“, der erste Teil des geplanten Schiller-Triptychons, ist ein frech-fröhlich-furioser Schlagabtausch zwischen...