Von Haus aus ist er Psychiater, entstammt einer Dynastie von Psychiatern und hat jahrelang erfolgreich in diesem Beruf gearbeitet. Aber dann packte Kuro Tanino das Theater. Wie bei Anton Tschechow ist der Arzt im Künstler enthalten, wehmütig und resignativ, versteckt hinter leisen Tönen. Und wie der große Meister erzählt Tanino den Verfall der Kultur, den Untergang einer Gesellschaft am liebsten als Familiengeschichte. Seine Stücke enthalten viel Autobiografisches, so die an Kafka erinnernde Angst vor dem übermächtigen Vater. Da wird der Ton dann schrill, die Handlung bizarr, und alle Auflehnungsversuche scheitern. Und dann gibt es da noch den Kurosan, der ganz ohne Worte auskommt und mit geradezu Schillerʼschem Idealismus die Menschen umschlingt und die Welt wachküsst. Jede seiner Aufführungen schafft sich ein eigenes Universum voller Zuversicht und Trauer, Schönheit und Vergeblichkeit.
Tanino, 1976 in Toyama/Japan geboren, wollte eigentlich Maler werden, studierte aber der Familientradition entsprechend Medizin. An der Universität schloss er sich dem Studententheater an und liebte es, auf der Bühne zu stehen. Er malte, spielte, schwärmte für den Surrealismus und quälte sich durchs Studium. Den Blick des Malers hat er sich bis heute bewahrt – seine Aufführungen wirken oft wie Tableaux vivants, mit Szenen, die streng komponiert sind und sich...