Mit diesem Band wird eine bemerkenswerte Lücke geschlossen, denn – man sollte es kaum glauben – eine systematische und mit Kommentaren aufbereitete Ausgabe der Interviews und Gespräche mit Brecht gab es bislang nicht, sieht man einmal von der von Werner Hecht herausgegebenen schmalen Auswahl „Brecht im Gespräch“ ab (Suhrkamp 1975, Henschelverlag 1977).
Dass dies zu „den Rätseln seiner Rezeptionsgeschichte“ gehört, darüber stellt der Herausgeber Noah Willumsen einige interessante Vermutungen an. Die insgesamt 91 Gespräche erschienen in 15 Ländern in elf verschiedenen Sprachen, also mit einer ungeheuer großen Streuung. Zum Zweiten galt Brecht als wenig auskunftsfreudig und keinesfalls jeder Art von Presse und Rundfunk zugewandt, sodass der Eindruck einer eher dürftigen Materiallage entstand. Maßgebliche Rundfunkgespräche der späten 1920er Jahre (mit Herbert Ihering) und die Gruppendiskussionen am Berliner Ensemble der 1950er waren indes, wie in „Brecht im Gespräch“, längst fester Bestandteil der theoretischen Erörterungen in entsprechenden Publikationen.
Noah Willumsen hat sich im Rahmen seiner Dissertation zu den Interviews mit Heiner Müller ausgiebig mit deren Strategien von Öffentlichkeit beschäftigt, und diese Kenntnisse bringt er bei der medienhistorischen Einordnung und Kommentierung der Interviews mit Gewinn ein. Stets wird der/die Gesprächspartner:in mit ihrem Schaffen und der Positionierung des jeweiligen Mediums vorgestellt, Fußnoten erläutern dazu zeit-...