Hanna Schygulla, seine wohl wichtigste Schauspielerin – auch sie ein Antistar, die seine Filme mit einer ihr innewohnenden lasziven Langsamkeit mehr bewohnte als an ihnen arbeitete –, erinnert sich an die bereits 1963 beginnende Beziehung zu Fassbinder als von einer „elektrisierenden Distanz“ bestimmt. Ihn habe eine „gefährliche Schüchternheit“ beherrscht, die auf unheimliche Weise ausschlagen konnte.
Der Rahmen: Nach dem Krieg, mitten im sogenannten Wirtschaftswunder Westdeutschlands, wollte man nicht zurückblicken. Ein Volk der Täter? Wer so etwas sagte, galt als Nestbeschmutzer. Also wurden in den 1950er Jahren im Westen Filme im Stil der UFA gedreht, ebenso heiter wie verlogen. Kleinbürgerträume von der heilen Welt. In den 1960er Jahren kamen dann die Autorenfilmer. Sie wollten die Deutschen zwingen, in den Spiegel zu blicken. Aber ihr Ziel ging noch darüber hinaus: Film sollte als Kunstform ernst genommen werden, so wie in Frankreich oder Italien. Der Radikalste unter ihnen war zweifellos Rainer Werner Fassbinder. Sein Rigorismus scheint sehr deutsch. Eine so unbedingt nationale Selbstkritik kennt man nur aus der Dichtung bei Lenz oder Hölderlin. Im Film versuchte es auf ähnliche Weise, aber mit wesentlich kürzerem Atem, Wolfgang Staudte in seinen frühen DEFA-Filmen „Die Mörder sind unter uns“ und „Der Untertan“.
Fassbinder aber schuf bis...