Manche Episoden der Geschichte führen immer wieder vor Augen, dass es oft zeitlich einigen Abstand braucht, um die ganze Wahrheit, frei von Tabus und Rücksichten, benennen zu können. Eine solche denkwürdige Episode sind die sogenannten DDR-Kinder von Namibia. Sie sind heute Mittdreißiger und haben selbst Nachwuchs. Einige dieser Kinder, Sabrina Kaulinge, Shakira Ntakirutimana und Gia Shivute, stehen nun auf der Bühne und spielen die ergreifende Lebensgeschichte ihrer Eltern nach. Vielleicht sollte man vom Recherchetheater, das derzeit so engagiert die neuralgischen Punkte unserer Gegenwart bearbeitet, nicht die ganze Wahrheit erwarten, sondern froh sein über erste mutige Annäherungen. Damit man nicht so zerrissen wird zwischen Bewunderung für das bravourös Bewältigte und Enttäuschung über das auffällig Unbewältigte.
„Oshi-Deutsch – Die DDR-Kinder von Namibia“ heißt die deutsch-namibische Koproduktion, die der mit Rechercheprojekten erfolgreiche deutsche Regisseur Gernot Grünewald mit seiner namibischen Kollegin Sandy Rudd verantwortet hat – auf der kleinen Emma-Bühne des Osnabrücker Theaters. Es wird erzählt, was die sozialistische Bruderhilfe bewirkte. Es geht um über 400 namibische Kinder, die die DDR ab 1979 aufnahm, um sie vor den blutigen Unabhängigkeitskämpfen der SWAPO (South West African People’s Organization, die spätere Regierungspartei) gegen die Besatzungsmacht, das südafrikanische Apartheidsregime, in Sicherheit zu bringen. Die Kinder wurden in...