Magazin
Sternenstaub und Atomisierung
BAM! Berliner Festival für aktuelles Musiktheater 2022
von Irene Lehmann
Erschienen in: Theater der Zeit: Frank Castorf – „Wallenstein“ in Dresden (06/2022)
Assoziationen: Musiktheater Theaterkritiken Berlin
Zersplitterte Discokugeln funkeln durch den Theaternebel in Anke Retzlaffs „Dream Machine“. Eine computerartig verzerrte Stimme versichert einer im Weltall verlorenen Performerin der Paranormal Φeer Group: „I’m sorry for your loss of signal.“
Das BAM!-Festival, das während der Pandemie selbst um seine Existenz fürchten musste, zeigt eine Momentaufnahme des noch-nicht-post-pandemischen Musiktheaters der freien Szene. Wie in den vorhergegangenen Ausgaben fängt es Tendenzen dieses vielgestaltigen Genres ein, in dem sich ein experimenteller Umgang mit Konventionen von Oper, Theater und Musik begegnen, die Neue Musik und Performancekunst einschließen. Um den Austausch europäischer Szenen zu fördern, waren dieses Jahr Künstler und Künstlerinnen aus der Schweiz zu Gast.
Die Wiederbegegnung mit dem Publikum wurde in einigen Produktionen wie in der des Ensembles Trisolde (einem Spin- Off des Musiktheaterkollektivs Hauen und Stechen) so intensiv wie immersiv zelebriert. Ein Ensemble, das jedes in Dämmerschlaf verfallene Theaterhaus (oder in diesem Fall das Kino Babylon) wieder mit vibrierender Energie füllen kann. Die überbordenden spielerischen Einfälle, die Opern- und popkulturelles Material mit tradierten Figuren des Schauspiels verbinden, darf dabei skizzenhaft bleiben, weil es innerhalb kürzester Zeit gelingt, die Sympathien des Publikums zu gewinnen.
Eine herausragende Entdeckung war in dieser Hinsicht das Ensemble von Anke Retzlaff, die mit einem Team von...