Einblicke
Kantine und Eigensinn
Über Alexander Kluge und den Zirkus
von Claus Philipp
Erschienen in: Theater der Zeit Spezial: All Abled Arts – Notizen zu Inklusion an einem Stadttheater (06/2024)
Assoziationen: Zirkus Alexander Kluge Münchner Kammerspiele

In Alexander Kluges Film „Die Artisten in der Zirkuskuppel: ratlos“ (1966), sagte der Zirkus-Revolutionär Manfred Peickert: „Ich sage: Herr Direktor, könnte man die Elefanten in die Zirkuskuppel hieven? Der Direktor sagt: Selbstverständlich. Ich habe bloß Bedenken, ob die Konstruktion hält. Ich sage: Aber Sie müssen doch zugeben, es wäre etwas völlig Neues. Direktor: Wieso Neues? Ich finde es seltsam und sehr irrational. Ich sage: Es muss irgendetwas platzen, wenn die Elefanten mit einem Ballon hochgezogen werden. Der Direktor sagt: Das ist mir alles zu irrational. Ich sage: Es bringt ein starkes Gefühl.“
Ein starkes Gefühl stand auch am Beginn der Arbeit an Jan-Christoph Gockels Inszenierung „Wer immer hofft, stirbt singend“ an den Münchner Kammerspielen. Sehr spontan ergab sich im Spätherbst 2020 – wir hatten in Wien gerade gemeinsam eine Feier zum zehnten Todestag von Christoph Schlingensief begangen – der Plan, bis zum neunzigsten Geburtstag von Alexander Kluge entlang von Texten und Motiven des Autors, Film- und TV-Machers eine „Reparatur einer Revue“ zu kreieren. Schnell kam nach einem ersten Jahr fortgesetzter, die Zukunft auch des Theaters bedrohlich verdunkelnder Corona-Lockdowns der Begriff „Reparaturbedarf“ ins Spiel. Uns interessierte das Prinzip Hoffnung im Werk Alexander Kluges: eine Hoffnung auf Auswege, selbst wenn „glückliche Umstände“...