Theater der Zeit

Aktuelle Inszenierung

Im Widerspruchsfeld

Am Deutschen Theater Berlin inszeniert Hasko Weber Ferdinand von Schirachs „Terror“, das Oliver Reese zeitgleich am Schauspiel Frankfurt zur Premiere bringt

von Gunnar Decker und Christoph Leibold

Erschienen in: Theater der Zeit: Tilmann Köhler und Miriam Tscholl: Montagswirklichkeit Dresden (11/2015)

Assoziationen: Theaterkritiken Schauspiel Frankfurt Deutsches Theater (Berlin)

Eindruck des Authentischen – Ferdinand von Schirachs Gerichtsdrama „Terror“ am Deutschen Theater Berlin und am Schauspiel Frankfurt vertuscht das Fiktionale seiner Geschichte mit scheinbar dokumentarischen Details. Foto (Berlin): Arno Declair
Eindruck des Authentischen – Ferdinand von Schirachs Gerichtsdrama „Terror“ am Deutschen Theater Berlin und am Schauspiel Frankfurt vertuscht das Fiktionale seiner Geschichte mit scheinbar dokumentarischen Details. Foto aus der Berliner Inszenierung Foto: Arno Declair

Berlin. Eine der Saaltüren steht so lange offen, dass man unwillkürlich immer wieder hinblickt. Die Türen sind von außenbereits beschriftet mit „schuldig“ und „unschuldig“. Jeder im Zuschauerraum weiß, dass der Abend mit einer Abstimmung enden wird und dass der Spruch des Gerichts über den Luftwaffenpiloten Lars Koch, der eine entführte Lufthansa-Maschine mit 164 Menschen an Bord abgeschossen hat, die drohte, auf ein voll besetztes Fußballstadion zu stürzen, davon abhängt, durch welche Tür man als Zuschauer nach der Pause wieder zurückkehrt. Das ist schön ausgedacht, wie ein Computerspiel – oder eine der Kriminalgeschichten von Ferdinand von Schirach. Aber reicht das für einen Theaterabend?

Durch die offen stehende Tür betreten drei Frauen den Zuschauerraum: die vorsitzende Richterin (Almut Zilcher), die Staatsanwältin (Franziska Machens) und die Verteidigerin (Aylin Esener). Gleich in der ersten Minute ist klar: Die Regie von Hasko Weber trimmt den Abend auf Fernsehgerichtsshow. Das scheint fatal, aber gibt das Stück mehr her? „Vergessen Sie alles, was sie zu wissen meinten“, sagt die Vorsitzende. Aber wer will das schon? Die eigenen Erfahrungen sind es doch, die einen davor schützen, in einem konstruierten Szenario nach Belieben manipuliert und instrumentalisiert zu werden. Und das Gefühl, dass es hier vorrangig darum geht, befällt mich...

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