Resonanzen
Zwischen Text und Tanz
Körper und Raum in Falk Richters Inszenierung von TRUST
von Suk-Kyung Lee
Erschienen in: Recherchen 136: Recycling Brecht – Materialwert, Nachleben, Überleben (07/2018)
Assoziationen: Tanz Falk Richter
Falk Richter ist ein 1969 in Hamburg geborener Autor, Übersetzer und Regisseur, der sowohl im deutschsprachigen Raum1 als auch innerhalb und außerhalb Europas sehr populär ist. Er ist meines Erachtens einer der produktivsten und kreativsten Theatermacher, der den Zeitgeist abbildet und eine dafür geeignete Kunstform zu schaffen versucht. Oft fallen seine Inszenierungen durch die Verbindung von Theatertext und Choreografie auf. Ein repräsentatives Beispiel dafür ist TRUST, das im Oktober 2009 an der Schaubühne Berlin uraufgeführt wurde.
In Korea ist Richters Theaterstück TRUST bisher nicht aufgeführt worden und es liegt auch keine Übersetzung ins Koreanische vor.2 Von Richters Stücken wurde in Korea bislang nur Im Ausnahmezustand (2007) vorgestellt. Es wurde 2013 von der Theatergruppe Paeksu-Kwangbu zur Aufführung gebracht. Außerdem gibt es in Korea nur eine wissenschaftliche Arbeit zum Werk Richters, die 2014 veröffentlicht wurde und in der sich der Verfasser mit dem Stück Unter Eis (2004) befasst hat.3
Dass ich Richters TRUST-Inszenierung unter die Lupe nehmen will, hat zwei Gründe. Der eine ist inhaltsbezogen: Die im Stück behandelten Themen sind so aktuell, dass man es einfach in seine Überlegungen über die gesellschaftlichen Phänomene bzw. Probleme in Korea einbeziehen muss. Im Mittelpunkt steht dabei ein Mensch im globalisierten medialen Zeitalter, der vereinsamt und desorientiert ist. Der heutige Mensch, der sich noch immer von der Finanzkrise bedroht fühlt, sieht sich ständig einer unsicheren Zukunft gegenüber und leidet unter dem Leistungsdruck.
Richters Text wurde 2009 veröffentlicht. Ein Jahr davor hatte sich die weltweite Finanzkrise ereignet. 2010 wurde das Buch Müdigkeitsgesellschaft von Byung-Chul Han veröffentlicht, in dem der Autor die Phänomene der finanzkapitalistischen Gesellschaft, wie z. B. das Burn-out-Syndrom, beschrieben hat.4 Die im Buch außerdem angesprochenen Probleme, wie etwa die steigende Arbeitslosigkeit und die Schwierigkeit der Arbeitssuche für die junge Generation, haben in Korea inzwischen ein extremes Ausmaß angenommen.
Der andere Grund, aus dem ich mein Augenmerk auf TRUST richte, ist formbezogen: TRUST ist eine tänzerische Inszenierung, in der Falk Richter mit der Choreografin Anouk van Dijk zusammenarbeitet. Diese Zusammenarbeit funktioniert auffallend gut und könnte auch der koreanischen Theaterlandschaft einen innovativen Weg weisen. Völlig neu wäre er allerdings nicht, denn auch in Korea gibt es einige Theaterinszenierungen, bei denen bekannte Werke aufs Neue auf die Bühne gebracht werden und die Körpersprache sowie die Raumgestaltung eine große Rolle spielen.5
Falk Richter ist ein deutscher Dramatiker und Regisseur, der sehr viel mit Formen experimentiert und neue Medien einsetzt. Außerdem verwendet er sehr verschiedene Textmaterialien und setzt seinen Text in Bewegung. Bei dieser Arbeit ist es mein Anliegen, zu erfassen, welche Bedeutung die Bewegungstexte bei Falk Richter haben sowie welche Rolle der Körper bei der Inszenierung von TRUST spielt und schließlich wie der architektonische Raum mit dem performativen Raum in Verbindung gesetzt wird.6
Bei TRUST setzt sich Falk Richter mit dem Dasein des erschöpften Individuums in der finanzkapitalistischen Gesellschaft auseinander. Daher kommen schon im Theatertext Krise, Zusammenbruch des Systems sowie Vertrauensverlust zum Ausdruck. In der Krisenzeit büßt man das Vertrauen gegenüber dem System und anderen Individuen ein. Dennoch und deshalb sehnt man sich umso mehr nach Nähe und versucht, seinem Partner näher zu kommen, allerdings vergeblich. Hierbei geht es also nicht nur um die soziale Ebene, sondern auch um die Beziehungsebene.
Die TRUST-Inszenierung beginnt mit einem Ton, zu dem sich die Akteure wie Marionetten bewegen. Die Akteure, die erschöpft und kraftlos wirken, versuchen immer wieder, die Partner in die Arme zu nehmen oder zu berühren. Während der Inszenierung sieht man auf der Bühne insgesamt fünf Schauspieler und vier Tänzer, die ein Ensemble bilden. Im Stück treten fünf Figuren auf. Darunter ist ein Ehepaar aus der Mittelschicht, dessen Beziehung schon längst nicht mehr zu funktionieren scheint. Die Trennung dieses Paares wird im Stück leitmotivisch zum Ausdruck gebracht.7
Judith und Kay streiten sich, weil sie sich nicht darauf einigen können, wie lange sie zusammen waren. Tatsächlich waren sie wohl in den letzten 14 Jahren drei Wochen zusammen. Für Judith hatte Kay kaum Zeit und so war er wie das Radio irgendwo im Hintergrund, das ganz leise gestellt ist. Judith verkehrt mit seinem Bruder und seinem Vater. Außerdem vergeudet sie sein Vermögen mit jungen Männern. Daher ist sein Konto leer. Judith verspricht ihm, alles besser zu machen, aber in Wirklichkeit ändert sich gar nichts.
Judith war drei Wochen lang weg, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Kay regt sich auf und wirft ihr vor, dass sie ihn im Stich gelassen habe. Sie will aber wieder eine Reise für drei Wochen machen und bittet ihn um Verständnis. Es ist auffällig, dass ein Dialog zwischen Judith und Kay nie wirklich zustande kommt. Sie sprechen wie vor sich hin, monologisch, so wie sämtliche andere Figuren im Stück. Das kann man als Zeichen dafür verstehen, dass sie überfordert und erschöpft sind und keine Energie mehr haben, sich auf die anderen oder die Gesellschaft einzulassen und zu konzentrieren. Dies wird auch in einem Gespräch mit Falk Richter deutlich:
Und im Fall der Finanzkrise hat mich das Burn-out-Syndrom, also der Zusammenbruch des überforderten Menschen, im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch des Systems, das diese zusammenbrechenden Menschen geschaffen haben, interessiert. Menschen, die selbst kaum mehr Kraft haben, halten sich in einem System auf, das ihnen keine Kraft geben kann, und erleben nun, wie dieses System oder die Phantasmen dieses Systems zusammenbrechen. Gleichzeitig erleben sie, wie ihre zwischenmenschlichen Beziehungen einfach so wie faule Fonds wegbrechen oder sich ihre Beziehungen zu anderen Menschen täglich verschieben und wie sehr ihre privaten Beziehungen auch immer Arbeitsbeziehungen sind.8
Was Judith wirklich will, wird durch einen Song9 klar. Sie singt mit anderen zusammen, dass man Liebe zum Leben brauche. Wie es aber um die neue Generation steht, davon spricht sie im Kapitel „ARBEITSVERTRÄGE“: Nach ihrer Erfahrung wollen sehr viele junge Männer, die Kunstgeschichte, Literatur, Mediendesign oder Kulturgeschichte Tibets studiert haben, mehr als nur rumzuliegen und rumzuknutschen. Außerdem braucht die neue Generation in erster Linie Struktur, Arbeitsverträge und Geld, statt unbeirrt von einem Praktikum ins nächste geschickt zu werden.
In diesem Stück kommt noch eine Frau zu Wort, die aus Rache Fondsmanagerin geworden ist. Diese Frau namens Lea wurde als Kind in einem Hotelzimmer, vermutlich in Shanghai, allein gelassen und wollte Sprengmeisterin werden, damit sie eines Tages das ganze Finanzsystem in die Luft jagen kann. Sie vergleicht sich mit Geld, das überallhin darf, aber keinen Halt findet. Energisch klagt sie darüber, dass sie ihren Wert einfach nicht mehr abschätzen kann und dass sie auch gar kein Bedürfnis mehr nach irgendwas hat. Dies ist auch dem letzten Kapitel des Buches anzumerken, das eine Person namens Stefan schreiben wollte und dessen Bedeutung jeden betreffen könnte: „DAS GELD LEBT LIEBER OHNE UNS WEITER.“10
Richters Text ist weder auf einen bestimmten Ort noch eine bestimmte Person bezogen, weil er jeden in einer Megacity betreffen kann.11 Die Schauspieler sprechen das monologisch, was eigentlich zur Figurenrede geeignet sein könnte. Sie spielen aber keine Figuren, die an ihre Rollen gebunden sind. In diesem Kontext ist es verständlich, dass Richters Text von einer Figur, einem Ort und einer bestimmten Zeit losgelöst ist12 und in Bewegungsmaterial umgesetzt wird. Was durch die Worte nicht zum Ausdruck zu bringen ist, kann körperlich wirksam dargestellt werden.
Falk Richter legt sehr viel Wert auf die Darstellung des Körpers13 – und zwar aus mehreren Gründen. Der Körper ist etwa in Richters Inszenierung deshalb von Bedeutung, weil die Schauspieler und die Tänzer mit ihrem physischen Zustand die Ermüdung bzw. Erschöpfung der Menschen in einer Müdigkeitsgesellschaft ausdrücken, indem sie häufig tief in Sessel oder Sofa hineingesenkt sitzen oder liegen und weil sie wild und stürmisch tanzen, wenn sie ihre Wut nicht recht aussprechen können. Viele schnelle Worte von Judith, die wie ein Echo klingen, wirken überflüssig und wecken kein Vertrauen.
Die Rolle des Körpers ist auch im Kapitel „CONFESSIONS“ zu beobachten, in dem einige Personen zusammensitzen und versuchen, frei darüber zu sprechen, wie es ihnen geht. Die Personen, die namenlos bleiben, sprechen von ihrer Kindheit, die von Traumata oder Störungen belastet ist. Darunter ist ein Junge, der behauptet, dass seine Mutter ihn im Alter von 14 Jahren im Stich gelassen habe, und ein Mädchen, dessen Eltern einfach abgehauen waren und das mit vier „in einem Hotelzimmer in Hongkong oder Peking oder Schanghai“14zurückgelassen wurde. Es will 14 Jahre lang aus dem Hotelzimmer nicht herausgekommen sein und ein Fernsehprogramm gesehen haben, in dem die Chinesen ununterbrochen Sprengungen an Gebäuden zeigten.15
Ein Mädchen namens Nina kommt auch dazu, scheinbar dazu gezwungen, über sich selbst zu sprechen. Sie bekommt mehrmals einen Anfall, unmittelbar nachdem sie etwas anderes gesagt hat, als sie wirklich denkt, nämlich dass sie glaube, dass es ihr gut gehe und sie einfach nichts in sich finde, das sie wirklich bedrücken würde, kein Mensch sei glücklich etc.
In dieser Szene, die als einzige im Stück in Dialogform geschrieben ist, sieht man einen halbnackten Mann mit grotesker Maske, der auf dem Sofa mit den oben erwähnten Personen sitzt. Dieser Mann ist ein Bild dafür, dass man nach außen offen wirkt, aber in Wahrheit eine Maske trägt, wenn man mit anderen Menschen umgeht. Trotz alledem will man aber heutzutage die Menschen „endlich wieder live sehen“16 und Geschichten von den Körpern sowie ihre Stimmen hören, weil man genug von der digitalen Welt mit Facebook oder elitepartner.de hat. Falk Richter setzt sich mit einem Prozess auseinander, in dem Text und Tanz „gemeinsam und sich wechselseitig verstärkend eine Atmosphäre kreieren“17. Dieser Prozess veranlasst alle Anwesenden im Theater dazu, über die Liebes-, Arbeits- und Lebenswelt in der heutigen Gesellschaft18 nachzudenken. Es ist auffällig, dass an dieser Stelle mehr Aufmerksamkeit auf die Körperbewegungen der Beteiligten gerichtet ist – und zwar nicht nur auf der gesellschaftlichen Ebene, sondern auch auf der persönlichen Ebene. Dies wird von dem Regisseur selbst folgendermaßen angesprochen:
In dieser Produktion hat mich die Auseinandersetzung mit den Beteiligten sowohl auf der persönlichen als auch auf der gesellschaftlichen Ebene interessiert, also die Frage, inwieweit die Tänzer und Schauspieler in ihrem persönlichen Leben von diesen Erschöpfungszuständen und diesem Gefühl, immer nur durchhalten zu müssen, beeinflusst sind. Und wie sie persönlich momentan auf die Krise reagieren. Auch, wie sie ihre persönlichen Beziehungen organisieren.19
Auf der Bühne stehen fünf Männer und vier Frauen, fünf Schauspieler und vier Tänzer. Zu Beginn der Inszenierung nähern sich einige davon und winden sich und schmiegen sich aneinander. Sie wiederholen diese Bewegungen, die sich auf „die unsicher gewordenen Grundlagen und Mechanismen menschlicher Bindungen“20 beziehen, paarweise und wechselnd. Beziehungsprobleme, wie z. B. „der größte Abstand in der Nähe“, werden also „durch die Gesten tänzerischer Suche nach Begegnung“21 zur Darstellung gebracht.
Die Choreografie spiegelt nicht nur auf die Gefühlswelt der Figuren, sondern auch auf gesellschaftliche Diskurse. Während sich etwa der Schauspieler Stefan Stern auf der Bühne mit der Finanzkrise bzw. dem Zusammenbruch des Systems auseinandersetzt und „die gewagte These“22 zitiert, nach welcher der Zusammenbruch eines Warenhauses letztlich ein erstmals gelungenes Beispiel für die Umsetzung einer Theorie der RAF sei, bringt die Tänzerin Anouk van Dijk einen strapazierten bzw. unterdrückten Zustand des Körpers zum Ausdruck, indem sie auf dem Sofa liegt, und zwar kopfüber auf dem Bauch, oder indem sie sich verdreht und verzerrt bewegt.
Während Kay sich im Verschlag hin und her bewegt und sich über die Abwesenheit von Judith freut, wird im Zentrum der Bühne einzeln und energetisch getanzt. Er gesteht, dass das Zusammensein mit Judith für ihn auch nicht einfach war: Es sei ihm schwergefallen, weil sie ihren Körper abgestraft habe und er sich um sie extra kümmern musste, was ihn einfach nur Zeit und Kraft gekostet habe. In dieser Szenerie tanzen die Tänzer mit gefesselten Händen so kraftvoll, als ob sie nicht mehr aufzuhalten wären. Sie scheinen die Menschen der finanzkapitalistischen Gesellschaft darzustellen, die sich freiwillig unter Kontrolle halten und sich Leistung und Karriere widmen.
Nachdem der Abstand zwischen den Menschen im Kapitel „CONFESSIONS“ dargestellt wird, folgt eine Szene, in der sich die Akteure nur kurz begegnen und schließlich umfallen. Diese Szene wirkt sehr poetisch und melancholisch sowie traurig, weil der Vertrauensverlust und die Einsamkeit mit einem lyrischen Klang subtil und eindrucksvoll dargestellt werden. Unten links auf der Bühne gibt es eine aufgestellte Aluminiumleiter, mit der die Akteure hinaufzugehen versuchen. Hier sieht man Menschen, die an der Leiter hängen bleiben.
Diese Szene schließt sich an die letzten zwei Kapitel an, in denen der Zusammenbruch des Finanzsystems wiederum angesprochen23 und die Reichweite des Verhaltens des Individuums dabei in Frage gestellt wird. In diesem Zusammenhang entwickelt Richter zu seiner Inszenierung einen Transformationsprozess, in dem aktuelle Angelegenheiten durchdacht werden:
Für mich ist es wichtig, dass das Theater kein hermetischer Ort, der sich abschließt von der gesellschaftlichen Diskussion, sondern dass es ein Ort ist, an dem gedacht wird.24
Hier geht es allerdings darum, dass man das Gefühl hat, es gäbe kaum etwas, das man gegen die Krise und die Verantwortlichen der Krise unternehmen könnte. Mit diesem Gefühl bleiben jeweils die Personen als das „ängstliche, enttäuschte, jammernde Ich“25 in einem Hotelzimmer und stehen unbeweglich am Fenster. Sie schauen aus dem Fenster, aber sie wissen nicht, wohin sie sich bewegen können.
Bei der TRUST-Inszenierung entwickelt Falk Richter auf der einen Seite poetische und auf der anderen Seite sehr dynamische Szenen, die im andauernden Wechsel gezeigt werden. Er benutzt auf der Bühne häufig weite Räume, in denen das Individuum isoliert und orientierungslos wirkt. Diese Räume beziehen sich sowohl auf die persönliche Ebene als auch auf die gesellschaftliche Ebene. Sie sind als „ein mentaler und psychologischer [Raum]“26 zu betrachten, in dem der körperliche Zustand des erschöpften Individuums häufig zur Darstellung kommt.
Heutzutage wirkt das gesamte hochkomplexe Finanzsystem nach außen sicherer als je zuvor. Es verfügt aber tatsächlich über keine wirksamen Sicherheitsmaßnahmen oder Rettungsschirme. Um diesen Umstand in Frage zu stellen, bringt Falk Richter eine energetische und zugleich traurige Atmosphäre hervor, die mit zum Nachdenken anregenden Texten27 und verschiedenen Gesten erzeugt wird. Dies ist auch daran festzustellen, dass die letzte Szene, in der die Tänzer und Schauspieler immer mehr gemeinsam, aber doch einzeln tanzen, abrupt mit einem Blackout endet, der einen Zusammenbruch des Systems andeutet.
1Von 2001 bis 2004 war Falk Richter Hausregisseur am Schauspielhaus Zürich unter der Intendanz von Christoph Marthaler, von 2006 bis 2010 Hausregisseur an der Berliner Schaubühne unter der künstlerischen Leitung von Thomas Ostermeier, von 2011 bis 2012 Hausregisseur am Düsseldorfer Schauspielhaus. Vgl. www.schaubuehne.de/de/personen/falk-richter.html/ID_Taetigkeit=13.
2Richter, Falk: [TRUST], in: Gronemeyer, Nicole (Hrsg.): TRUST (= Recherchen 76), Berlin 2010, S. 49–102. Dieses Stück, wie auch Gott ist ein DJ, Nothing hurts, Electronic City, Unter Eis, wurde in mehr als 25 Sprachen übersetzt und geht im In- und Ausland auf Tournee. Richters Theaterstücke wurden vor allem in Paris, London, New York, Sydney, Athen, Kopenhagen, Jakarta, Tokio, Avignon, Edinburgh, vor kurzem auch in Macau, Tianjin und Beijing gespielt.
3Vgl. Lee, Sang-Bok: „Eine Studie zu Falk Richters Drama Unter Eis – Eine kritische Reflexion über das Arbeitssubjekt im neoliberalen Zeitalter“, in: Bertolt Brecht und das moderne Theater Vol. 30 (2014), S. 91–114.
4Vgl. Han, Byung-Chul: Müdigkeitsgesellschaft, Berlin 2010, insbesondere das Kapitel zu „Müdigkeitsgesellschaft“, S. 54–61.
5Hierzu kann ich zwei Inszenierungen als Beispiele anführen: Die eine ist eine Inszenierung von Der Prozess, die am 23. Mai 2015 von der Theatergruppe Sadari-umsigim-yoenguso [Leiterbewegungsinstitut] aufgeführt wurde. Bei dieser Inszenierung wurden die Beleuchtung und die Requisiten wie Tische oder Stühle zur Gestaltung des performativen Raums ausgiebig genutzt. Die andere ist eine Inszenierung von Der Kirschgarten – Jenseits der Wahrheit, die beim PADAF-Festival am 6. Juli 2015 am Daehangno-Kunsttheater gezeigt wurde. Dabei treten anstelle der Dialoge und der Entwicklung der Handlung Gesten und sich wiederholende Reden der drei Schauspielerinnen in Erscheinung. Vgl. http://sadarimovementlab.org/ (letzter Zugriff: 7. November 2015); www.padaf.co.kr/ (letzter Zugriff: 7. November 2015).
6Von Juli 2014 bis Juni 2017 leitete ich ein dreijähriges Projekt, dessen Titel „Theater und Topologie: Raumstrategien im deutschsprachigen Theater“ ist und dessen Bandbreite von Max Reinhardt bis zur Gegenwart reicht. Bei diesem Projekt ging es vor allem darum, zu erfassen, wie die Theater im deutschsprachigen Raum betrieben wurden, wie der Raum auf der Bühne gestaltet und wie der architektonische Raum mit dem performativen Raum in Verbindung gebracht wurde.
7Der Text von Falk Richter besteht aus 19 Kapiteln. Dabei tritt die Partnerschaft zwischen Judith und Kay in sechs Kapiteln (= VERTRAU MIR, 14 JAHRE / 3 WOCHEN – I, ICH BIN SO FROH, DASS DU ENDLICH WEG BIST, 14 JAHRE / 3 WOCHEN – II, DREI WOCHEN, 14 JAHRE / 3 WOCHEN – III) in den Vordergrund.
8Richter: „SUCHE NACH HALTUNG“, in: Gronemeyer: TRUST, S. 15.
9Der Song bei der Inszenierung lautet folgendermaßen: „You need more. […] Don’t have to be. Big box hollywood star. Don’t have to try. […] Don’t have to leave. […] Don’t have to be. Beautiful, but it helps. Don’t have to buy. House and Beverly Hills. […] Don’t have to high […] Beautiful, but it helps. You need more. […] You need Love. You need Love. Love is all you need. Too much of anything is never enough. Too much of everything is never enough.“
10Richter: TRUST, S. 96.
11In diesem Zusammenhang bezeichnet Hans-Thies Lehmann Richters Text als „Textfläche, die von allen genutzt und realisiert wird“. Siehe hierzu Lehmann, Hans-Thies: „RA(S)T/LOSE/ERSCHÖPFUNG, HALBRUHE“, in: Gronemeyer: TRUST, S. 31–40, hier S. 33.
12Vgl. Richter: „SUCHE NACH HALTUNG“, in: Gronemeyer: TRUST, S. 13.
13Vgl. Lee, Suk-Kyung: „Theatralität und Performativität in der Performance Art der Moderne – anhand des Tanztheaters von Pina Bausch und der Performance von Xavier le Loy“, in: Kafka-Forschung Vol. 31 (2014), S. 159–177, bes. S. 169 und 173.
14Richter: TRUST, S. 70.
15Vgl. ebd., S. 83.
16Ebd., S. 91.
17Lehmann: „RA(S)T/LOSE/ERSCHÖPFUNG, HALBRUHE“, S. 33.
18Derzeit ist in Korea von der jungen Generation die Rede, die sieben Angelegenheiten wie Liebschaft, Heirat, Geburt, Umgang bzw. Beziehung, eigenes Haus, Hoffnung und Traum aufgibt. Diese Generation wird als Chilpo-Generation bezeichnet. Allerdings ist sie nicht gleichzusetzen mit dem Neologismus Satori-Generation, der sich auf die junge Generation in Japan bezieht, die sich nicht für Autos, Luxusartikel, Fernreisen interessiert und kein Bedürfnis mehr nach Geld und Karriere hat.
19Richter: „SUCHE NACH HALTUNG“, S. 18.
20Vgl. www.schaubuehne.de/de/personen/anouk-van-dijk.html/ID_Taetigkeit=13.
21Lehmann: „RA(S)T/LOSE/ERSCHÖPFUNG, HALBRUHE“, S. 33.
22Richter: TRUST, S. 61.
23Der Bezug zu diesem Thema zeigt sich am deutlichsten an der folgenden Stelle: „all dieses geld / rauscht / setzt menschen in bewegung / bricht zusammen / es liegt eine schönheit in diesen zusammenbrüchen / […] all das drama, das sich dahinter verbirgt / angst / wut / schreie / verlust / […] landschaften, die darauf warten, zusammenzubrechen“ (TRUST, S. 90).
24Richter: „SUCHE NACH HALTUNG“, S. 18.
25Haug, Wolfgang Fritz: „MIMESIS DER PRAXISLOSIGKEIT“, in: Gronemeyer: TRUST, S. 173–178, hier S. 177.
26Lehmann: „RA(S)T/LOSE/ERSCHÖPFUNG, HALBRUHE“, S. 39.
27Richters Text, der refrainartig wiederkehrt, lautet beispielsweise folgendermaßen: „Lass uns einfach alles so lassen, wie es ist / Es ist zu kompliziert, das jetzt alles zu ändern / Lass uns nicht alles durcheinanderbringen / Es hat so lange gedauert das hier jetzt alles / Das war so so / Anstrengend“ (TRUST, S. 61).