„HERR BRICH MIR DAS GENICK IM STURZ VON EINER BIERBANK“
Erschienen in: Recherchen 114: Fiebach – Theater. Wissen. Machen. (06/2014)
Im April 1978 druckte das Neue Deutschland einen Text von Hans Koch ab, der damals am Institut für Gesellschaftswissenschaften beim Zentralkomitee der SED forschte und es leitete. Er schrieb unter der Überschrift „Warum es lohnt zu leben“:
„… voller Beklemmungen lese ich ein Drama von Heiner Müller, Die Hamletmaschine, publiziert unter dem Copyright eines Verlages jenseits der Grenze.“1 Herrn Koch blieb die Spucke weg und er attestierte dem Autor Geschichtspessimismus. Im September desselben Jahres begann ich mein Studium der Theaterwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin. Joachim Fiebach war Lehrstuhlinhaber für Theorie und Geschichte des Theaters und hielt dort seine Vorlesungen für uns. Irgendwann im Oktober brachte der Mitstudent Werner Hintze, heute Dramaturg am Opernhaus Zürich, ein Schreibmaschinenexemplar der Hamletmaschine2 unter die Leute. Seine Eltern waren „Reisekader“ und hatten eine Buchausgabe aus dem Westen mitgebracht, die er mit mehreren Durchschlägen abschrieb. Diese Abschrift wurde anschließend von zwei Kommilitoninnen mit Durchschlägen abermals abgeschrieben, um so den pessimistischen Text für unsere Seminargruppe zugänglich zu machen. Für uns Studienanfänger ging von diesem Text eine neugierig machende Beunruhigung aus, denn er entsprach so in keiner Weise dem, was das DDR-Theater in dieser Zeit für uns bereithielt. Also beschloss unser Seminar mit Heiner...