Bericht
Ein flinker Bär von Rolf Hoppe, aufgezeichnet
von Thomas Irmer
Erschienen in: 70 Jahre Zukunft – Theater der Jungen Welt Leipzig (03/2017)
Assoziationen: Kinder- & Jugendtheater Sachsen Theater der Jungen Welt
Ich war zuerst in Erfurt, dann in Halle, danach in Greifswald, schließlich kam ich nach Leipzig. Das Leipziger Jugendtheater war ein sehr gutes zu dieser Zeit. Ich wollte gern wieder nach Mitteldeutschland, nicht oben an der Küste bleiben. Dort hatte ich – theatermäßig gesehen – das Gefühl, dass man sehr weit weg war. Leipzig war wohl die lebendigste Stadt der damaligen Zeit, mit einem tollen Theater unter dem bald schon scheidenden Generalintendanten Max Burghardt. Außerdem hatten sie dort ein gutes Ensemble, nicht unwichtig für einen jungen Schauspieler – je besser der Partner, desto besser auch die eigenen Möglichkeiten, sich zu entwickeln. Mein Interesse hat sich auch an dem relativ offenen Spielplan festgemacht. »Die Gewehre der Frau Carrar«, »Die Matrosen von Cattaro«, »Die deutschen Kleinstädter« von Kotzebue als Raritäten, die damals alle in der Regie von Ludwig Friedrich den Schauspielern zuliebe angesetzt wurden, damit wir richtige Charaktere zu spielen bekamen. Das war also sehr gemischt mit den Kinder- und Märchenstücken und eine interessante Palette für einen jungen Schauspieler, um sich auszuprobieren. Das war wahrscheinlich der wesentliche Grund, aus dem ich nach Leipzig wollte.
Vom Weißen Saal stammt meine Wut auf langgezogene Räume. Ich war vor einiger Zeit in Pirna in einem ähnlichen Raum und musste mich wieder daran erinnern. Das ist ja schrecklich, wenn die Leute so weit weg sind. Ob ich dabei was vom Kindertheater in die späteren Rollen mitgenommen habe? Ich würde mich freuen, wenn man die Naivität der frühen Jahre auch noch in den späteren Rollen entdecken könnte. Weil ich damals für die Könige noch zu jung war, habe ich mir gern Falten ins Gesicht gemalt, um älter auszusehen.
Außerdem war ich immer ein flinker Bär. In den Märchen sind sie ja meist herzlich und gar nicht furchtbar, sondern gute Figuren. Im Bär steckt viel. Ich war körperlich ziemlich fit, dabei stämmig oder sogar ein bisschen dick. Das war für die Darstellung von Bären natürlich gut geeignet. Man braucht dafür ein gewisses Komödiantentum. Bären sind komödiantische Rollen.
Noch viele Jahre später, etwa 1981 in der Rolle von Hermann Göring in István Szabós Film »Mephisto«, war mir diese Erfahrung der Bärendarstellung von Nutzen – Göring als guter Onkel im schönen weißen Anzug. Das sind letztlich die gleichen Mittel, der gleiche Mensch, der das spielt – der natürlich erst mit zunehmender Erfahrung als Schauspieler richtig interessant wird.