Slowenien, eines der kleinsten Länder Europas, hat eine lebendige und vielfältige Theaterszene. Neben den Zentren Ljubljana und Maribor gibt es eine Reihe von Stadttheatern, eine freie Szene aller Sparten und ungewöhnliche Performance-Experimente . Die bekannteste Regisseurin, Mateja Koležnik, arbeitet mittlerweile fast nur noch im Ausland, bleibt aber eine zentrale Figur in den aktuellen Entwicklungen.
Im Oktober ist Slowenien Gastland der Frankfurter Buchmesse. Aus diesem Anlass haben wir drei slowenische Autorinnen und Expertinnen eingeladen, ihr Theaterland vorzustellen. Was denkt die jüngere Generation? Welche maßgeblichen Inszenierungen gab es? Wie sieht es mit der slowenischen Dramatik aus? Folgend ein Überblicksartikel von Alja Predan, Petra Vidali über die Regiegeneration nach Mateja Koležnik und – exklusiv im TdZ-Online-Dossier Theater in Slowenien – Zala Dobovšek über neue postdramatische Texte.
Das slowenische Theater war seit seinen Anfängen eine der Grundlagen für die Entwicklung der nationalen Identität. Darüber hinaus war es bis ins dritte Jahrtausend eng mit der Sprache und der heimischen Dramatik verbunden. Für den Durchschnittseuropäer ist Slowenien eine Art „Bonsai-Land“, denn es ist sowohl bevölkerungs- als auch flächenmäßig eines der kleinsten Länder Europas. Doch im Bereich der Darstellenden Künste weist es eine mit anderen europäischen Metropolen vergleichbare Vielfalt und Fülle auf. Natürlich ist Slowenisch als archaischste slawische Sprache, die sich unter anderem mit der seltenen grammatikalischen Dualform rühmt und nur von zwei Millionen Einwohner:innen gesprochen wird, ebenfalls eines der Hindernisse, dass das slowenische Theater über die Landesgrenzen hinaus (noch) nicht sichtbarer geworden ist.
Bereits zur Zeit des jugoslawischen Staates galt das slowenische Theater als besonderes Phänomen, in dem große Durchbrüche geschahen. Zwei Beispiele sind besonders hervorzuheben. Ende der 1960er richtete sich die Generation der damals aufstrebenden Theatermacher:innen provokativ gegen die Strömung des literarischen Theaters und kündigte im Geiste der Artaud’schen Prinzipien die performative Wende an. Der Regisseur und Dramatiker Dušan Jovanovic´ (1939–2020) beendete 1969 das Neo-Avantgarde-Happening „Pupilija, papa Pupilo pa Pupilcˇ ki“ (Pupilia, Papa Pupilo und die Pupilchen) mit der rituellen Schlachtung eines Huhns vor den Augen der...
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