Theateraufführungen und Performances verlagern sich ins Internet. So zog etwa der Künstler Simon Weckert einen Karren mit 99 Smartphones durch Berlins leere Innenstadt. Weil Weckert im Schritttempo unterwegs war, gelegentlich stoppte und Schleifen drehte, erschien auf Google Maps eine Stauwarnung – obgleich die Straße leer war. Der bildende Künstler nutzte die große Bühne Internet. Das war Ende vergangenen Jahres, als das neue Coronavirus noch unbekannt war. Weckerts „Google Maps Hack“ deutete trotzdem das große Potenzial des Hybrids von physischer und digitaler Welt an.
Wie sich in der von Schreck und Eile bestimmten Reaktion auf die Schließung der Theatersäle und Probenräume zeigte, haben die Theater im deutschsprachigen Raum in Bezug auf das Digitale noch Nachholbedarf. Videos älterer und neuerer Inszenierungen wurden auf die Websites der Häuser geladen. Das Regiekollektiv Rimini Protokoll hatte plötzlich 2500 Klicks mehr auf der eigenen Website, als die Münchner Kammerspiele Stefan Kaegis „Unheimliches Tal / Uncanny Valley“ streamten. Rimini Protokoll bietet seit langem Videodokumentationen seiner Arbeiten an, die eine eigene ästhetische Qualität haben und über bloße Mitschnitte hinausgehen. In dem auf den Coronaschock folgenden Digitalwettbewerb war Rimini Protokoll dem sich nur langsam in Bewegung setzenden Stadttheaterbetrieb weit voraus. Der wirkte teils possierlich redundant, beispielsweise als bei dem...