Lukas Bärfuss, der Titel deines neuen Stückes „Frau Schmitz“ wirkt unverfänglich. Dass dem keineswegs so ist, zeigt schon die erste Szene. Du sagtest einmal, mit dem ersten Satz sollte das Thema gesetzt sein. Ist das dein Prinzip, auch um den Laborcharakter des Theaters zu betonen?
Ich bin nicht sicher, ob ich ein Prinzip habe. Was du ansprichst, nämlich den Umstand, dass ich gleich mit der ersten Szene das Geschehen in Gang bringen will, hat vielleicht etwas mit einer Angst oder einem Misstrauen zu tun. Ich fürchte mich davor, jemand könnte sich gelangweilt fühlen, jemand könnte sich für das, was ich zu sagen habe, nicht interessieren. Vielleicht ist das kindlich, aber es ist wohl vor allem solipsistisch. Ich bin selbst ungnädig mit Kunstwerken, gerade literarischen, die sich nicht um mich bemühen. Ich mag nichts, das hermetisch ist. Ich mag das Selbstgenügsame nicht. Die Welt, wie ich sie vorfinde, verschließt sich nicht. Das bedeutet nicht, dass diese Welt ohne Geheimnisse und entzifferbar wäre. Aber die Türen zur Wirklichkeit finde ich weit offen. Und es ist richtig, ich möchte etwas untersuchen, und ich weiß natürlich: In jeder Untersuchung liegt eine Grausamkeit. Die reine Beobachtung gibt es ja nicht, wie Werner Heisenberg festgestellt hat:...