Auf einer schmutzigen Matratze liegend, schaut sie zu, wie in einem automatisierten Ritornell Männer über sie hinwegsteigen. Sie bezahlen sie mit einem Schluck Schnaps aus einer halb leeren Flasche und begießen und bespritzen zu herzklabasterndem Stroboskoplicht ihren nackten Körper. Einer schwenkt das gemalte Porträt ihrer Vagina wie eine Fahne über seinem Kopf. Die anderen hissen Wimpel, als ginge es darum, die erste kollektive Matterhornbesteigung zu dokumentieren. Am Ende wickeln sie die Frau in einen schwarzen Müllsack, aus dem diese sich gerade noch mit aller Gewalt befreien kann. Ihr letzter Freier jedoch, ausgestattet mit Thermoskanne, Lieblingstasse und Butterbrotdose, stülpt ihr einen Eimer mit Blut über den Kopf, der sich über ihre Nacktheit ergießt. Er wird ihr berühmter Mörder Jack the Ripper sein. Dies sind nur einige der radikalen Bilder, die der belgische Regisseur Stef Lernous für seine Version der „Lulu“ von Frank Wedekind fand. In einer Koproduktion zwischen dem Theater Oberhausen und dem von Lernous mitbegründeten Abattoir Fermé im belgischen Mechelen wird die „Monstre-Tragödie“ der Lulu zur Originalmusik des legendären Londoner Trios The Tiger Lillies noch einmal neu verhandelt.
Zu Beginn liegt die Schauspielerin Laura Angelina Palacios (siehe auch Look Out S. 34) mit der Blässe einer Wasserleiche auf einem abgesägten...