Akteure
Der Notfall als Prinzip
Wie ein „Theater“ zur transformativen Kulturinstitution wurde
von Elisabeth Bauer
Assoziationen: Nordrhein-Westfalen Dossier: Ukraine Dossier: Kunstinsert
Herbst 2022 im Düsseldorfer Volksgarten: Ein farbenfroher Pavillon steht auf weitläufiger Wiese, vom Geäst alter Bäume eingerahmt. Über drei Monate hinweg – vom 8. August bis 30. Oktober 2022 – war die hölzerne Konstruktion mit polymorpher Fassade ein politischer Ausstellungsort ukrainischer Kunst im unfreiwilligen Exil.
Das in den ersten Wochen des russischen Angriffskriegs gegründete Kollektiv Prykarpattian Theater baute mit institutioneller Unterstützung von der Kunststiftung NRW eine transformative Architektur im öffentlichen Raum, in der Fragen nach der Möglichkeit von Kunst in Kriegszeiten Tag für Tag neu ausgelotet wurden. Die Kollektivmitglieder – Filmemacher Yarema Malashchuk und Roman Khimei, Performancekünstlerin Tereza Yakovyna, Grafiker Ostap Yashchuk sowie Bildender Künstler Ivan Bazak – erklärten im Austausch mit Kuratorin Ania Kołyszko und Kurator Nikita Sereda den Notfall zum Prinzip. „In diesen Zeiten fühlt es sich viel angemessener an, Kunst zu machen, die sozial engagiert ist“, sagte Kołyszko in einem im Sommer 2022 geführten Interview.
Sozial engagierte Kunst in Transformation
Die Schöpfer:innen des „Theater of Hopes and Expectations“ entschlossen sich gegen einen fixierten Projektentwurf – zugunsten eines dynamischen, partizipatorischen Programms. Ein Schlüsselwerk politischer Konzeptkunst diente dabei als Inspiration: Mit „The Emergency Will Replace the Contemporary“ entwickelte Thierry Geoffroy/Colonel Ende der achtziger Jahre ein Kunstformat, das dem Jetzt...