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Film
In Gedankenwelten tauchen
von Ralf Schenk
Erschienen in: Theater der Zeit: Frontmann Hamlet – Der Dresdner Musiker-Schauspieler Christian Friedel (03/2013)
Bille August liebt literarische Stoffe: Mit seinem Film „Pelle, der Eroberer“ (1987) machte er erstmals international auf sich aufmerksam, und auch „Das Geisterhaus“ (1993) war eine publikumsträchtige Kinoarbeit. Nun nahm sich der dänische Regisseur des Bestsellers Nachtzug nach Lissabon von Pascal Mercier an: die Geschichte eines Lateinlehrers aus Bern, der zufällig auf das Buch eines portugiesischen Dichters und Arztes stößt, in dessen philosophische Gedankenwelten abtaucht und sich sogleich in eine Reise nach Portugal begibt, um dort nach Details aus der Biografie des Autors zu forschen. Pascal Merciers Roman überzeugte dank der klugen Symbiose aus kriminalistischer Spurensuche, politischem Zeitbild der Salazar-Diktatur und Liebesgeschichte: Es ging um nicht mehr und nicht weniger als um die Frage nach dem richtigen Leben im falschen und den moralischen Konsequenzen menschlichen Handelns. Dem Film aber, der die schwebenden Sätze in konkrete Bilder verwandeln muss, gerät diese Übersetzung eher glatt und gefällig: Die Verunsicherungen, die das Buch auszulösen vermochte, halten sich hier in Grenzen – stattdessen macht sich gediegene Langeweile breit. Sacha Gervasis Hitchcock skizziert, was den legendären Filmregisseur und Meister des Suspense umtrieb, als er seinen Thriller „Psycho“ (1959) drehte. Zum Beispiel, so behauptet der Film, beobachtete er durch ein Guckloch seine Darstellerinnen beim Umkleiden oder drangsalierte Partygäste mit immer neuen blutigen Details der Mordgeschichte. Der britische Superstar Anthony Hopkins geht in der Rolle des Krimi-Altmeisters vollkommen auf, eine perfekte Adaption der authentischen Figur; neben ihm brilliert Helen Mirren als Hitchcocks Ehefrau Alma Reville, die ihren psychopathischen Mann auch künstlerisch auf den richtigen Weg zu bringen wusste. Zu den besten Momenten des Films, der bei allem Witz auch diverse Plattitüden verbreitet, zählt Hitchcocks andauernder Disput mit einem staatlichen Zensor. Hochgradig absurd zu sehen und zu hören ist, wie dabei die berühmte Duschszene nach allen Regeln der Kunst auseinandergenommen wird. //