Nachruf
Der Meister
Zum Tod von Kurt Masur
Erschienen in: Theater der Zeit: Bruder Karamasow – Frank Castorf über Russland (02/2016)
Assoziationen: Akteure Musiktheater
Er gehörte zu einer Generation, für die es selbstverständlich war, von der Pike auf zu lernen und zu dienen. Nach dem Studium an der Musikhochschule Leipzig ging Kurt Masur, geboren 1927 in Brieg (Schlesien), als Solorepetitor und Kapellmeister nach Halle, dann als Kapellmeister nach Erfurt und zurück nach Leipzig. Von 1955 bis 1958 war er an der Seite seines Lehrers Heinz Bongartz Dirigent der Dresdner Philharmonie, anschließend Generalmusikdirektor des Staatstheaters Schwerin. Dort erreichte ihn 1960 der Ruf an die Komische Oper Berlin.
Hier übernahm er die musikalische Leitung zweier schon berühmter Felsenstein-Inszenierungen: „Die Zauberflöte“ und „Othello“. Mit Walter Felsenstein erarbeitete er „La Traviata“ und „Ein Sommernachtstraum“, mit Götz Friedrich „Così fan tutte“ und „Salome“, mit Wolfgang Kersten „Pique Dame“. Das Berliner Engagement endete 1964. Kurt Masur hatte sich dem realistischen Musiktheater verschrieben, aber sich vielleicht ein ganz anderes Bild von den praktischen Gegebenheiten gemacht. Er erlebte ein Theater des Regisseurs, der aufgrund intellektueller und rhetorischer Überlegenheit stets die künstlerische Richtlinienkompetenz beanspruchte, statt erst einmal den Musikern Gehör zu schenken.
Seitdem wandte er sich selten der Oper zu. Die Jahre 1964 bis 1967 waren ausgefüllt mit weit verzweigter Gastspieltätigkeit. 1967 wurde er Chefdirigent der Dresdner Philharmonie, 1970 Gewandhauskapellmeister in Leipzig, 1975...