Resümee: Intervention und Wirksamkeit
von Matthias Warstat
Erschienen in: Recherchen 174: Interventionen politischen Theaters (07/2025)
Interventionen politischen Theaters sind Versuche, mit den Mitteln des Theaters in Bereiche des Politischen einzugreifen, die außerhalb des Theaters liegen. Voraussetzung für solche Interventionen ist die Überzeugung, dass Theater tatsächlich etwas bewirken kann. Der gesellschaftliche Alltag weist stets eine theatrale Dimension auf: Menschen inszenieren sich und werden inszeniert, stehen unter Beobachtung und richten sich darauf ein. Wenn das Theater in diesen Alltag eindringt, ist es dennoch zumeist ein Fremdkörper, der von außen kommt. Theater meint hierbei nicht die Gesamtheit der Alltagspraktiken theatraler Darstellung, sondern konkrete Aufführungen und Aktionen, die in politischer Absicht initiiert werden. Es geht um artifizielle Inszenierungen, einstudierte und geprobte Darstellungen, die offenkundig politische Ansprüche verfolgen, aber zugleich als Theater identifiziert werden können. Wenn von Interventionen der Künste die Rede ist, geht es nicht um das ›Alltagsgeschäft‹, um die Routinen tagtäglicher Selbstdarstellung, sondern um besondere Aufführungen und Auftritte, die ein spezifisches Publikum erreichen und politisch mobilisieren sollen. Die europäische Theatergeschichte kennt eine solche Aufführungskunst, die ins Politische intervenieren will, erst seit den Avantgarden des frühen 20. Jahrhunderts.
Eine Grundtendenz der Interventionen politischen Theaters, die in den vorangehenden Kapiteln erörtert wurden, besteht darin, die theatrale Form der direkten Aktion annähern zu wollen. Als Handlungsmodell und Wirkungsideal gewinnt die Idee...