JLG, wie die Ikone des 20. und 21. Jahrhunderts Jean-Luc Godard sich selbst nennt, ist nicht zu fassen. Am 3. Dezember wird der Meister des avantgardistischen Kinos neunzig Jahre alt. Wie soll man sich einem der herausragendsten Intellektuellen unserer Zeit annähern, der die assoziations- und zitatreiche Überforderung durch Bild, Ton, Wort auf die Spitze getrieben hat? Wie den Fehler umgehen, in einen Nachrufduktus zu verfallen angesichts eines Werks, das höchst lebendig und keineswegs abgeschlossen ist? Immerhin feierte JLGs jüngster Film „Bildbuch“ 2018 seine Premiere in Cannes. Und wie auf ein Schaffen blicken, das in den fünfziger Jahren begann und 33 Arbeiten für das Kino einschließt – und eine noch weit höhere Anzahl an Fernsehproduktionen und Kurzfilmen?
Die Person JLG ist längst hinter ihrem Werk zurückgetreten, wenn nicht darin verschwunden. JLG kann man nur gerecht werden, wenn einen – wie von ihm selbst etabliert – der Mut zum Fragment nicht verlässt: Geschichte lässt sich nur erzählen über Geschichten. Wo aber soll man beginnen, wenn man über Godard und das Theater nachdenkt?
Film nach Brecht // Sein Langfilmdebüt „Außer Atem“ (1960) ist auch die Geburtsstunde des Jump Cut: Die Unterbrechung des Blicks durch sprunghaften Schnitt – das ist der kinematografische Verfremdungs-Effekt....