Kommentar
Was kommt nach Dercon?
Zur Situation an der Berliner Volksbühne
von Thomas Irmer
Erschienen in: Theater der Zeit: Theater ist kein Wettrennen – Barbara Frey am Schauspielhaus Zürich (01/2018)
Assoziationen: Debatte Volksbühne Berlin
Nach zwei Jahren Vorbereitungszeit mit üppigem Extra-Etat und vier Monaten Programm seit der Eröffnung auf dem Tempelhofer Feld am 10. September ist eine Bilanz des Geschehens an der Berliner Volksbühne möglich. Wie hatten Chris Dercon und seine Programmdirektorin Marietta Piekenbrock in ihrem aus einem Gespräch geformten Manifest „Partikel“ im Spielzeitheft bekannt: „Angetrieben von der Vision einer offenen, kosmopolitischen Gemeinschaft fühlen wir uns der emphatischen Gründungsformel verpflichtet, mit der die Volksbühne seit Beginn des 20. Jahrhunderts den Wandel des Theaters vorantreibt: Die Kunst dem Volke.“ Das von Boris Charmatz gestaltete Eröffnungsfest „Ganz Berlin tanzt auf Tempelhof“ konnte man in diesem Sinn als eine gelungene Geste erleben. Doch was danach folgte, zeugt von Problemen, die zusammengenommen die Existenz der Volksbühne als Theater infrage stellen, da die neue Leitung die beschworene Gründungsformel offenbar weder verstanden hat noch umzusetzen gewillt war. Oder vielleicht doch anders programmiert ist.
Diese Volksbühne ist kein Repertoiretheater mit laufendem Spielbetrieb mehr, und ein Ensemble existiert ebenso wenig. Natürlich haben wir inzwischen etliche Male hören müssen, wer sich alles verweigert habe und dass es nicht möglich gewesen sei, dieses oder jenen aus der Vorgänger-Volksbühne in einen regelmäßigen Spielplan aus alten und neuen Produktionen zu übernehmen. Das hat sich aber von...