Seit Jahren geistern auch durch deutsche Schauspielschulen und allerlei Workshops die „Repetition Exercises“ des US-amerikanischen Schauspiellehrers Sanford „Sandy“ Meisner (1905–1997); Regisseure wie Thomas Ostermeier „meisnern“ in ihrer Probenarbeit. Nun ist die 1987 von seinem Schüler Dennis Longwell aufgeschriebene, von Meisner selbst autorisierte „Bibel“ seiner „Meisner-Technik“ von Tanja Handels mit Gespür für den umgangssprachlichen Duktus ins Deutsche übertragen worden. Meisner gehörte nebst seinen Mitstreitern vom New Yorker Group Theatre, Stella Adler und Lee Strasberg, zu den Vorreitern der transatlantischen Adaption von Stanislawskis Schauspielkunst des Erlebens. Von 1935 an unterrichtete er bis ins hohe Alter Generationen von Schauspielern und Theatermachern, darunter Gregory Peck, Grace Kelly, Diane Keaton und David Mamet.
Schon früh entfernte sich Meisner dabei von der auf dem „emotionalen Gedächtnis“ basierenden Methode seines Mentors Strasberg. Seine „Meisner-Technik“ folgt der späteren Psychophysik Stanislawskis. Dabei bleiben die Rollenfigur und deren „wahrhaftige Emotionen“ wie für jeden Stanislawski-Adepten oberstes Ziel der Schauspielkunst. Meisner setzt zu diesem Zweck aber gerade nicht auf das Innere des Schauspielers, sondern auf Handlung und die spontane Reaktion auf äußere Impulse, vor allem die vom Spielpartner ausgehenden. Schauspielen ist für Meisner eben nicht Projektion eines imaginierten Egos, sondern Reaktion auf einen Impuls. Solange dieser Impuls zum Handeln nicht da ist,...