Heimat ist überall. Als Lilith Stangenberg den Theaterbuchladen Einar & Bert in der Berliner Winsstraße betritt, geht ihr Blick sofort zur Wanddekoration: Teile von Frank Castorfs „Der Geizige“, gebaut vom früh verstorbenen Volksbühnen-Bühnenbildner Bert Neumann. Ist das von 2012? Natürlich war sie dabei gewesen, wie in fast allen späten Castorf-Inszenierungen. Sie blickt so irritiert auf die Wand wie auf ein modernes Pompeji.
Als Neumann im Juli 2015 plötzlich starb, sammelte die Redaktion von Theater der Zeit Stimmen von Weggefährten. Lilith Stangenberg, die gerade auf Sardinien war, quasi im ständigen Funkloch, schickte einige Zeilen, darin war zu lesen, was sie an Neumann so gemocht hatte: sein Talent, den Schauspielern etwas wie eine zweite Haut zu schaffen, in der sie möglichst frei spielen können. Kein Korsett, keinen Käfig. Es war die ideale Verkörperung des Volksbühnengeistes.
Es ist noch nicht lange her, da hat sie für das Buch „Alles Theater“ (2015) mit den schönen Fotos von Margarita Broich, gesagt, sie habe gar kein Leben neben der Bühne: „Das ist so der Pendelverkehr zwischen Proben und Spielen und Schlafen. Dann werde ich traurig, sehe mich um: Die Jugend, das normale Leben mit Freunden – das ist seit ein paar Jahren an mir vorbeigeweht.“ Und...