Theater der Zeit

Die doppelte Ungleichzeitigkeit der Institution Theater in der DDR und das Jahrfünft des Benno Besson am Deutschen Theater Berlin

von Thomas Wieck

Erschienen in: Recherchen 169: Wir waren die Müller-Spieler – Hermann Beyer, Michael Gwisdek, Dieter Montag über die Kunst des Schauspielens in der DDR (01/2024)

Assoziationen: Berlin Theatergeschichte Benno Besson Deutsches Theater (Berlin)

Eine innere Umgestaltung des Theaterbetriebes nach dem Reißbrett-Entwurf der Parteilosung »Arbeite mit – Plane mit – Regiere mit!« ist nie gelungen. Alle Versuche, planwirtschaftliche Strukturen und Verhaltensregulative der sogenannten sozialistischen Gemeinschaftsarbeit in das traditionelle Theatergefüge einzuziehen, waren rein äußerlich. Wo war es, das Neue in den Theatern der DDR, das Revolutionäre, das parteigenehme Sozialistische? Innerhalb der Theater sicherlich im Nirgendwo. Die Versuche der führenden Partei mithilfe verschiedenster gesellschaftlicher Organisationsformen und besonderer Gremien, die Theaterangehörigen zu indoktrinieren und kollektivistische Arbeitsformen zu propagieren und einzuführen, blieben äußerlich.1 Aber die Verwaltung des Systems »Stadttheater« lag in den Händen der zentralen staatlichen Bürokratie, die letztlich auf jedes einzelne Theater durchgreifen konnte. Deshalb war die Partei sich ihrer Theater im Großen und Ganzen zu Recht sicher, denn die von ihr eingesetzten Intendanten garantierten alles in allem politisches Wohlverhalten und wohlige theatralische Ruhe, da sie weder das Theater-System zu verändern gewillt waren, noch es künstlerisch voran brachten, vielmehr die Theater vorschriftsmäßig in dem Zustand beließen, wie sie seit Jahr und Tag staatlich organisiert und eingerichtet waren. Auf diese Weise wurde jedoch eine grundbürgerliche, vorindustriell produzierende Institution nahezu unbeschädigt in die staatssozialistischen Produktionsverhältnisse überführt. Die aparte Tätigkeit Theaterspielen ist ein überlebendes Zeugnis für vormoderne Produktionsweisen. Sie...

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