Magazin
kirschs kontexte: Warten auf Godeau
Neuigkeiten von Beckett
von Sebastian Kirsch
Erschienen in: Theater der Zeit: Frau Kulturstaatsministerin Grütters – greifen Sie ein!? (05/2016)
Zu den wunderbarsten Obskuritäten der Kinogeschichte gehört sicherlich die Zusammenarbeit zwischen Samuel Beckett und Buster Keaton, der Film „Film“ von 1965, der, pünktlich zu Beginn des Videozeitalters, die Frage stellte, was das Kino eigentlich gewesen ist – oder vielleicht eher: gewesen sein wird. Tatsächlich kann man das rund zwanzigminütige Kinostück als ein präzises Resümee und eine verdichtete Analyse der basalen Bild- und Wahrnehmungstypen entziffern, die den spezifischen Möglichkeiten des Kinobildes entsprechen (in diese Richtung beschrieb bereits Gilles Deleuze in der kurzen essayistischen Skizze „Der größte Film Irlands“ das Resultat der Beckett-Keaton-Connection). Umso lohnender ist es aber, sich das kurze Werk heute noch einmal vorzunehmen, ein halbes Jahrhundert nach seiner Entstehung und zugleich in einer Zeit, da das Kino noch immer mit seinem langen Abschied zu ringen scheint, während die seinerzeit auftrumpfende analoge Videotechnik schon wieder weitgehend im Orkus mediengeschichtlicher Innovationen und ihrer Scheinblüten verschwunden ist.
Es ist darum auch ein Glücksfall, dass vor kurzem unbekanntes Schnittmaterial von „Film“ aufgetaucht ist, nämlich eine ausgedehnte Variante der anfänglichen Straßensequenz, die nicht in die Endfassung aufgenommen wurde. Von Ross Lipman, dem amerikanischen Filmhistoriker, der das Material entdeckt hat, stammt darüber hinaus auch eine kluge Kinodokumentation über die Entstehung von „Film“, die gerade in...