Joël Pommerat springt tollkühn durch die Zeitalter. Dementsprechend turbulent geht es auf der von Alexander Müller-Elmau mit beweglichen Quadern bestückten, delikat beleuchteten Drehbühne zu: In drei unterschiedlichen krisenhaften Epochen spielt das aus acht Geschichten montierte Stück „Kreise/ Visionen“, nämlich im Mittelalter, zur Zeit des Hundertjährigen Krieges zwischen Frankreich und England, im beginnenden 20. Jahrhundert, vor dem Ersten Weltkrieg und schließlich in der Jetztzeit, in der die globale Krise gewissermaßen zur Gewohnheit geworden ist.
Der französische Autor und Regisseur (Jahrgang 1963) hat ein eminent bühnenwirksames Szenario entwickelt, das nicht nur der Haustechnik, sondern auch dem Zuschauer einiges abverlangt: Kaum haben Auge und Ohr sich an ein Setting, eine Personnage gewöhnt, flackert eine Leuchtschrift auf, die eine neue Situation ankündigt, 500 Jahre früher oder 100 Jahre später spielend. Insgesamt acht Spieler (plus Statisterie) wechseln permanent die Rollen. Pommerat erzählt die Geschichten mit Breaks, und gelegentlich auch rückwärts. Der rote Faden – man kommt nach und nach dahinter – ist die Metaphysik, der Glaube, das spirituelle oder auch nur esoterische Moment in allen Spielarten.
Ein eitler Conférencier will das Publikum dazu überreden, sich an einem „Unend- lichkeitsspiel“ zu beteiligen (heute). Ein trauriger Vertreter versucht, einer hochdepressiven Frau an ihrer Wohnungstür eine „Universalbibel für...