Anna-Sophie Mahler, was war für Sie der Auslöser, Josef Bierbichlers „Mittelreich“ für die Bühne zu bearbeiten?
Benjamin von Blomberg und Matthias Lilienthal von den Münchner Kammerspielen hatten die Idee schon lange im Kopf und fragten mich, ob ich zu dem Roman einen Zugang finde. Da ich ja von der Musik komme – ich habe Opernregie studiert und in Basel eine eigene Gruppe (CapriConnection), in der wir Dokumentarisches mit einer besonderen Art von Musik mischen –, war es mir wichtig, dass dieser Zugang musikalisch ist. Nun geht es ziemlich am Ende des Romans um die Beerdigung des Seewirts, wo in einer kleinen Nebennotiz das Brahms-Requiem erwähnt wird, das anfängt mit „Selig sind, die da Leid tragen“. Brahms hat es geschrieben, als seine Mutter starb, und es geht darin um diejenigen, die weiterleben. Mein Gedanke war: Aus dieser Musik heraus langsam in die Erinnerungen des Sohnes an seine Familie einzutauchen, das könnte eine spannende Aufgabe sein.
Der Seewirtssohn Semi ist bei Ihnen die Hauptfigur, und die Beerdigungsszene ist zum Rahmen Ihrer Bühnenversion geworden. Hat Sie mehr das musikalische Motiv interessiert als die Beerdigung selbst?
Es ist immer ein einschneidendes Erlebnis, wenn die eigenen Eltern sterben. Da steht man dann vor der Frage,...