Tanzen und Träumen im Schwimmbecken
von Matthias Däumer
Erschienen in: Recherchen 127: Darstellende Künste im öffentlichen Raum – Transformationen von Unorten und ästhetische Interventionen (12/2017)
Assoziationen: Irina Pauls
I
Mit der größten konzeptionellen Abweichung von der ursprünglichen Grundidee der Tanz-Theater-Inszenierung Second Splash möchte ich einsetzen: Die historische Frauenhalle des Leipziger Stadtbads von 1916, deren öde Leere und zunehmende Verrottung im Zentrum des Unort-Konzepts stehen sollte, durfte von der Leipziger Choreografin und ihrem Team nicht bespielt werden. Mögliche Gründe dafür sind in anschließenden Gesprächen zu erfahren: Es geht hauptsächlich um personelle und politische Wechsel im Bauamt und um in den Weg geräumte Steine. Denn im Frühsommer lag die Genehmigung für die Bespielung noch vor. Aufhorchen lässt deshalb vor allem ein Wort, das die Ablehnung von Seiten des Bauamts begründen sollte: Ein künstlerisches Projekt wie Irina Pauls Tanz-, Musik- und Sprachperformance sei für den Erhalt und die Entwicklung der Frauenhalle nicht „zielfördernd“. Dieses Argument ist merkwürdig, denn die Aberkennung eines Sinns spielender Belebung von Unorten betrifft den generellen Wert von Theater im öffentlichen Raum und zeugt davon, dass es (zumindest in den Kreisen bürokratischer Stadtverwaltung) äußerst wenig Verständnis für die soziale Nachhaltigkeit dieser Kunstform gibt.
Die Inszenierung tut vieles, um die seit 2004 stillgelegte und inzwischen marode Frauenhalle zu ersetzen; aber das gegebene Setting macht dies nicht gerade leicht. Die Spielfläche im Schreberbad ist nur ellentief und äußerst schmucklos. Immerhin...