Das Theater der Oral Performance
von Joachim Fiebach
Erschienen in: Welt Theater Geschichte – Eine Kulturgeschichte des Theatralen (05/2015)
Assoziationen: Performance Afrika
Mündliche Dichtung (oral literature) am Beispiel der Ntshoma-Genres in Südafrika studierend, kam Harold Scheub in den 1960er Jahren zu dem Schluss, man betrachte hier nicht eine Form der Kurzerzählung, „sondern eine theatrale Produktion mit ihren eigenen, nur ihr zugehörigen Eigenarten“. Das Ntsomi in Dörfern der Xhose (Südafrika) behandelte in der Regel kurze Geschichten. Weibliche Künstler stellten Legenden, mythische Vorgänge und Erzählungen alltäglicher Thematik zur Freizeitgestaltung dar. Die Xhosa-Darstellerin „arbeitet mit dem gesprochenen Wort, das von dem geschriebenen Wort sehr verschieden ist. Die verbalen Elemente von Ntsomi sollten auch andere gleichermaßen fundamentale künstlerische Materialien, wie Tanz und Lied, nicht verdecken. Das Wesen der Kunstform verlangt, daß Charaktere, Handlungen, selbst Ideen in hohem Maße durch Körperbewegung […] und Musik, durch Lied und den rhythmischen Rahmen der Produktion enthüllt werden.“88 Weniger das beschreibende Wort, vielmehr Körperbewegung, Geste, stimmliche Dramatik, Gesang und das allumfassende rhythmische Rahmenwerk bestimmen ihre Erzähltechnik. Da Körperbewegung, Gesten und Mimik für die Produktion so wesentlich sind wie das Wort, entstehen die Bilder durch das Verbinden von Sprache und Gesten. Dialoge werden nicht nur gesprochen, sondern durch unterschiedliche Körperhaltungen und Rhythmen differenziert gespielt und einzelne Zuschauer werden von der Darstellerin mitunter als Elemente ihrer Darstellung benutzt. „Darstellungen wie...