Die Geschichte ist ein Laufsteg der Erinnerungen (bei Armin Petras) oder auch ein grellbunter Totentanz der Utopien (bei Sebastian Baumgarten). Dort aber, wo die Scheinwerfer der täglich wechselnden Aufmerksamkeit nicht hinreichen, herrscht das Dunkel, das traumlose Vergessen. Das vor allem fürchten wir, darum überhaupt gibt es Kunst als Beschwören eines Bildes des Vergangenen.
Petras mit Christa Wolfs „Der geteilte Himmel“ und Baumgarten mit Heiner Müllers Adaption von Fjodor Gladkows „Zement“ verbindet ein archaisches Ritual, das im Theater wiederaufersteht: die Toten zu beschwören, eine Verbindung zu ihnen herzustellen, sie sprechen zu lassen. Was wir da hören, ist Warnung ebenso wie Ermutigung. Beide Regisseure befragen die Vergangenheit nach einer Zukunft, die sie unentdeckt in sich trägt.
Darum geht es: „Das Unglück des Einzelnen ist immer der Bodensatz der Geschichte.“ Ist es eine glückliche Geschichte? Am Ende wohl nicht, aber wo ist dieses Ende der Geschichte? Der Satz wird in Armin Petras’ Inszenierung von Christa Wolfs „Der geteilte Himmel“ an der Berliner Schaubühne gesprochen. Er klingt nach unvermitteltem „Einbruch der Zeit ins Spiel“. Bei Sebastian Baumgarten tritt die antike Tragödie dann ganz direkt hervor: „Der Zement von morgen sind die Toten von heute.“
Mit anderen Worten: Wir selbst sind der Dünger für jenen...