In den Schützengräben Europas starben die Soldaten wie die Fliegen – und der Fürst zur Lippe baute sich erst einmal ein neues Theater. Noch heute prangt stolz am Giebel des Landestheaters Detmold: „Erbaut in den Kriegsjahren 1914/15“. Wer als Theatermacher tagein, tagaus unter einer solchen Inschrift zur Arbeit geht, müsste schon sehr geschichtsvergessen sein, wenn er eine Spielzeit, die 100 Jahre nach Beginn des Ersten Weltkriegs beginnt und 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs endet, nicht dem Krieg widmen würde.
„Schlachten – Feste – Katastrophen“ hat Detmolds Intendant Kay Metzger als Motto ausgerufen. Und er hat das blutige Schlachtgemälde eines der berühmtesten Söhne der Stadt auf den Spielplan gehoben: „Herzog Theodor von Gothland“ von Christian Dietrich Grabbe. Ein monströses Opus, roh geschnitzt und kaum gespielt. Und von einer derart düsteren Weltsicht, dass man geneigt ist, an pubertären Pessimismus zu denken – der Vormärz-Dichter, der vergeblich versuchte, ein deutscher Shakespeare zu werden, schrieb die ersten Verse des Stücks noch als Gymnasiast.
Das Landestheater aber zieht es vor, den Fünfakter hellsichtig zu finden. Denn das Endzeitszenario, das Grabbe vor fast zwei Jahrhunderten entwarf, erscheint in vielem sehr gegenwärtig: Berdoa, der „Neger“, will grausam Rache nehmen an den Europäern, den Kolonisatoren, die...