Die 1980er Jahre
Theatre for Development im subsaharischen Afrika
von Joachim Fiebach
Erschienen in: Welt Theater Geschichte – Eine Kulturgeschichte des Theatralen (05/2015)
Auch im subsaharischen Afrika begann das wesentlich von der Bildungselite gemachte und rezipierte moderne Drama/Theater sich seit Ende der 1960er Jahre kritisch mit den krisenhaften soziokulturellen und politischen Verhältnissen in den neuen Staaten auseinanderzusetzen, und wandte sich, nicht unähnlich Rendras Anknüpfen an das traditionelle wayang, jetzt auf breiter Front afrikanischen Kunsttraditionen wie der Geschichtenerzähler-Darstellung zu. Das war nicht zuletzt eine politische Demonstration gegen die immer noch bzw. schon wieder bestehende (Über-)Macht westlicher Kultureinflüsse.266
Am bedeutendsten war die Herausbildung spezifisch afrikanischer Formen angewandten Theaters, also von Darstellungen, die für genau bestimmte soziokulturelle, wirtschaftliche oder politische Zweckc produziert werden, die gleichsam instrumental für die praktische (wirkliche) Lösung spezifischer lokaler und allgemeiner gesellschaftlicher Probleme arbeiten. Es ist eine Kunst, die zur Erfüllung „nicht-künstlerischer“ Aufgaben, gleichsam als soziokulturelle und/oder soziopolitische Praxis betrieben wird. Erste Produktionen entstanden Mitte der 1970er Jahre in Botswana nach dem Vorbild des Theatre in Education, das in angloamerikanischen Ländern verbreitet ist. Zwischen 1974 und 1978 suchten Aufführungen in Botswana „durchzuspielen“, wie vor allem in den Dörfern Lebens- und Arbeitsbedingungen mit der Anlage von Brunnen, dem Beachten einfacher Hygiene oder dem Aufbau eines Schulwesens in eigener Regie verbessert werden können. Dorf- und Slumbewohner sollten unter Anleitung von...