„Macbeth“ stand in Filzstiftschrift auf dem Sperrholzverschlag am Rand der Münchner Maximilianstraße, schräg gegenüber den Kammerspielen und direkt vor einer Escada-Filiale. Die Bretterbude war eine von gut zwanzig temporären Unterkünften, entstanden im Rahmen des Kunstprojekts „Shabbyshabby Apartments“, das raumlaborberlin für die Aufwärmphase der Münchner Intendanz von Matthias Lilienthal erdacht hatte. Kreative aus aller Welt waren daran beteiligt. Die Aufgabe: in einer Stadt, in der die Mieten nahezu unbezahlbar geworden sind, für maximal 250 Euro Baukosten Wohnvisionen in bester Lage zu entwerfen, möglichst unter Verwendung recycelter Materialien. So entstand beispielsweise ein Iglu aus Altkleidern auf der Münchner Nobeleinkaufsmeile. Oder aber wenige Meter weiter die besagte Holzhütte, für die das Bühnenbild von Karin Henkels „Macbeth“-Inszenierung aus der Ära von Lilienthals Vorgänger Johan Simons gefleddert wurde. Kulissenteile wurden in gleich mehreren „Shabbyshabby Apartments“ verbaut. Wer will, kann darin ein Bild von erheblicher Symbolkraft erkennen: Matthias Lilienthal demontiert das Literaturtheater.
Darauf angesprochen schüttelt der neue Intendant die zerzauste Mähne und formuliert mit Lust an der provokanten Pointierung: „Mein Spielplan ist bis Ende des Jahres von geradezu widerlicher Konventionalität geprägt. Das ist ein einziges Rumwedeln mit Titeln vom ‚Kaufmann von Venedig‘ über Josef Bierbichlers ‚Mittelreich‘ bis zu Dostojewskis ‚Spieler‘. Wenn das jetzt auch noch gekoppelt...