Die Ausbürgerung von Wolf Biermann lag mehr als zehn Jahre zurück, als mir Hartwig Albiro eine Tonkassette mit heimlichen Konzertaufnahmen zusteckte und mir dringend anriet, da mal reinzuhören. Das war 1987 in Karl-Marx-Stadt. Eingeprägt hat sich mir diese Geste, weil sie typisch war für das zugewandte Interesse und die persönliche Unbefangenheit meines damaligen Oberspielleiters. Seine Erwartung war dementsprechend, er suchte den Austausch, nicht nur über Biermann, sondern übers Ganze. Diese freie Einladung finde ich aus heutiger Perspektive immer noch bemerkenswert. Zum einen, weil jener Austausch den politischen Rahmen bestimmte, welchen wir als Künstler für uns in Anspruch nahmen, zum anderen, weil sich darin die Kollektivität spiegelt, die in den meisten Ensembles gelebt wurde. Die Einladung zur Gestaltung, die Verwicklung ins Geschehen, die Suche nach einer Haltung haben mich geprägt und bestimmen meine Arbeit bis heute. Hartwig Albiro hat daran einen wichtigen Anteil.
Von 1971 bis 1996 war Hartwig Albiro Oberspielleiter und Regisseur am Schauspiel der Städtischen Bühnen Karl-Marx-Stadt, später Chemnitz. Eine Zeitspanne, die eine hoffnungsvolle Öffnung in allen Kulturbereichen Anfang der 70er Jahre genauso einschließt, wie die anschließende Zurücknahme von Freiheit und die permanente Kontrolle allen künstlerischen Handelns durch den Staat DDR. Der Umbruch 1989 wurde dann zu einer der...