Man sprach davon im Lande, es gäbe in Karl-Marx-Stadt, am hochseriösen Schauspielhaus, einen verwegenen Darsteller, der übe stundenlang den Colt ziehen, nonchalant, elegant oder gar beidhändig zwei Colts um den großen Finger beider Hände wirbelnd, jäh stoppend, um dann … aber dazu kam er nie … abzudrücken. Hier bereitete sich in der sächsischen Industriestadt Ende der sechziger Jahre jemand seltsam realitätsfern auf eine filmische Weltkarriere vor. Dabei schätzte man ihn als durchaus intelligenten jungen Schauspieler – als melancholisch einsam umwitterten Karl Moor, als einen fast aus allen Kurven fliegenden, überkochenden Pantalone und als den von der Arroganz der Macht durchglühten Kreon. Aber merkwürdig: An den endlichen Zusammenbruch des Kreons kann ich mich nicht entsinnen, vielleicht auch deshalb, weil: Ein Gwisdek brach ungern zusammen, das war seine Sache nicht, das open ending. Er wollte das Spiel immer weitertreiben ins schier Endlose.
Seine wahrlich behände Intelligenz, diese sinnlich ausbrechende „körperliche“ Klugheit, gebändigt vom schauspielerischen Grundhandwerk der kalkulierten Wirkungen, animierte seine Partner, kräftig mitzumischen. Derart organisierte er sich seine Szenen auf der Bühne. Nach fünf guten Jahren in Karl-Marx-Stadt war es für ihn hohe Zeit, zurück nach Berlin zu gehen, ins theatralische Zentrum, und da kam für ihn nur das auffällig-aufregende Theater...