Magazin
Pomp und Pop-up
Die ungarische Politik lässt das Kortárs Drámafesztivál in Budapest am langen Arm verhungern
Erschienen in: Theater der Zeit: Robert Wilson: Göttliche Monster (03/2014)
Die Bordsteinkanten in Budapest sind so abenteuerlich hoch wie jene in New York City. Sie garantieren das Überleben im rasanten Verkehr der Linienbusse. Schicke Lokale mit Veggie-Menüs und kinderwagenbreiten Gängen säumen die Boulevards der angesagten inneren Bezirke. Dort sitzen Studenten aus Übersee oder Ladys der Budapester Modernisierungsgewinnerelite und schlürfen ihren Prosecco. Die ungarische Hauptstadt sieht fabelhaft aus in ihrer Mischung aus k.u.k. Pomp und Pop-up-Stimmung. Von den politischen Veränderungen, die mit der nationalkonservativen Regierung Viktor Orbáns Einzug hielten, lässt sich die Donaumetropole auf den ersten Blick nichts anmerken.
Unter der Oberfläche dieses munteren, europäischen Lebens aber gehen gravierende Änderungen vor sich. Ein Vierteljahrhundert nach dem kommunistischen Regime soll Kunstproduktion in Ungarn wieder politischen Zwecken dienen, der Erbauung der Nation, der Festigung des Heimatgedankens. Davon weiß Mária Szilágyi aus eigener Erfahrung zu berichten. Die Gründerin und Leiterin des Kortárs Drámafesztivál, des seit Mitte der 90er Jahre in Budapest ausgetragenen Festivals für zeitgenössisches Theater, musste in den letzten Jahren eine empfindliche Kürzung ihrer finanziellen Mittel hinnehmen. Genauer gesagt ist ihr Budget im Lauf der letzten Jahre von 67 000 auf den läppischen Betrag von 4167 Euro geschrumpft, ein Wert jenseits der Professionalitätsgrenze.
Das Geld, von dem es zweifellos auch in Ungarn nicht...