Das Gender-Verbot des Zwickauer Stadtrates vom 29. Juni war für uns Theaterleute ein denk- wie merkwürdiges Ereignis. Dass Stadtverwaltungen und Mitarbeiter:innen auch von kommunalen Unternehmen die Sprachnutzung vorgeschrieben wird, ist nicht selten – in die eine oder andere Richtung. Dass die konservative Mehrheit des Stadtparlaments auf Initiative der AfD-Fraktion einen Angriff auf die Kunstfreiheit des eigenen Stadttheaters beschließt, ist neu. Ebenso, dass die Ablehnung des Beschlusses durch die Theaterleitung von nicht wenigen Kommentatoren (bislang alle männlich) als mangelnder Respekt vor demokratischen Entscheidungen gedeutet wird.
Aber das Grundgesetz ist ein höheres demokratisches Gut als eine Ratsentscheidung, die noch dazu auf einer rechtlichen Fehleinschätzung des städtischen Rechtsamtes fußt. Dass Meinungs- und Pressefreiheit, die Freiheit von Kunst und Wissenschaft bereits im 5. Artikel unserer Verfassung verankert sind, ist das Ergebnis finsterster Erfahrungen. Die Kunst darf gerade nicht durch eine Mehrheitsentscheidung zensiert werden und vor allem: sie darf keinesfalls zulassen, dass sie zensiert wird. Auf einmal werden Theaterleute zu Verteidiger:innen der Verfassung. Eine ungewohnte Rolle.
Ob das Gendersternchen und seine Verwandten der Weisheit letzter Schluss sind, das wird sich irgendwann herausstellen. Dass Ziele wie die Überwindung von Gender-Gaps, die volle Achtung nicht hetero-normativer Lebensweisen und nonbinärer sexueller Identitäten gerade im Alltag und gerade in...
Erschienen am 14.7.2023