Realer Sozialismus – Vision und Illusion
von Bruno Flierl
Erschienen in: Selbstbehauptung – Leben in drei Gesellschaften (05/2015)
Nach dem Ende des realen Sozialismus in der DDR habe ich mich rückblickend immer wieder gefragt, was er war und weshalb er sich nicht zu entwickeln und gar zu vollenden vermochte. Heute würde ich auf diese Frage wie folgt antworten:
Sozialismus ist eine Gesellschaft mit gesellschaftlichem Eigentum an Produktionsmitteln als ihrer sozialökonomischen Grundlage. Um zu betonen, dass eine solche Gesellschaft auf dem Weg ist, von der Theorie zur Praxis, vom Modell zur Realität zu werden, also tatsächlich gemacht wird, ist sie realer, auch real existierender Sozialismus genannt worden, um ihren Gegensatz zum real existierenden Kapitalismus als einer Gesellschaft mit kapitalistischem Eigentum an Produktionsmitteln, aus dem sie historisch hervorgegangen ist, zu charakterisieren und ihre Abgrenzung von ihr auch begrifflich deutlich zu machen. In diesem Sinne war die DDR eine real existierende sozialistische Gesellschaft. Sie entstand wie auch andere realsozialistische Staaten in Europa nach dem Sieg über Hitler-Deutschland 1945 im Machtbereich der sozialistischen Sowjetunion und ging zusammen mit allen diesen Ländern in dem 1947 ausgebrochenen Kalten Krieg mit den von den USA angeführten Staaten des Kapitalismus Ende der 1980er Jahre ökonomisch und politisch unter – nicht direkt, aber doch indirekt auch militärisch.
Die Zeit für den realen Sozialismus war in der Welt...