Das Vorzeigeeuropa ist in Finnland. Hohe Gehälter, effizientes Gesundheitssystem, Vorreiter im Bildungswesen. Regelmäßig ist das Land am nordöstlichen Rand des Kontinents in der Spitzengruppe der PISA-Erhebung. Das Schulsystem ist vorbildlich, die Klassen klein, der Inklusionsgrad hoch. Zudem ist Finnland einer der sichersten Flecke Europas, Touristen haben nichts zu befürchten. Das ist die eine Seite.
Die andere ist: Jedes Land hat seine Wunden. Das Leben in Finnland spielt sich auf einer entlegenen Bühne ab. Abseits der südlichen Ballungszentren beginnt der Wald und zieht sich 1000 Kilometer bis nach Lappland hoch. Dazwischen Seen, dahinter Meer. „Jumalan selän takana“, sagt eine Redensart: hinter dem Rücken Gottes. Immer Abgeschiedenheit. Gerade deshalb treten
Finnlands Probleme hervor. Die Neigung der Finnen zum Alkohol ist ausgeprägt, man trinkt nicht genüsslich ein Gläschen, sondern kippt es auf Wirkung. Das finnische Wort für „Prost“ weiß es genau: „Kippis!“ Abseits der Städte sind Einsamkeit und Arbeitslosigkeit dem Alkoholismus zuträglich. Das Resultat: höhere Gewaltbereitschaft vor allem unter Männern und eine vergleichsweise hohe Mord- und Selbstmordrate. Auch hinsichtlich der Schusswaffendichte ist Finnland ganz weit vorn.
Sind das bloße Klischees? Dass ihnen ein wahrer Kern innewohnt, zeigt sich im gesellschaftlichen Spiegel Theater. Zumindest findet sich etwas davon in Okko Leos Komödie „The Orchestra“...