4. In-hinein: Theater, Straße, Web 2.0
von Matthias Warstat
Erschienen in: Recherchen 174: Interventionen politischen Theaters (07/2025)
Der Begriff des Intervenierens ist ein Bewegungskonzept – er steht für eine Bewegung, die von der lateinischen Wortherkunft aus als ein In-hinein verstanden werden kann. Intervenire heißt ›dazwischenkommen‹ oder ›dazwischengehen‹; es geht um einen Impuls, der zwischen etwas tritt, was schon vorhanden ist: ein schon gegebener Konflikt, eine bereits entfaltete Situation. Diese zunächst triviale Beobachtung erweist sich als wichtig, um ein Theater der Intervention von anderen Varianten politischen Theaters abzugrenzen. In einer gewissen Zuspitzung und Vereinfachung lässt sich intervenierendes Theater von Spielarten politischen Theaters abgrenzen, die im 20. Jahrhundert prägend waren.
Anders als manchmal behauptet war und ist das postdramatische Theater in hohem Maße politisch. Es wird, so Hans-Thies Lehmanns Überlegung, politisch v. a. dadurch, dass es sich selbst als Theater problematisiert.1 Diese Richtung des Politischen wird verständlich, wenn man sich die Theatralisierung und Dramatisierung von Politik in den modernen Mediendemokratien vor Augen führt. In den Medien wird Politik in aller Regel stark personalisiert, in Gut und Böse, Freund und Feind aufgeteilt, zwischen Protagonist:innen und Antagonist:innen verhandelt und auf diese Weise in dramatische Konflikte gegossen. Wenn das Theater ebensolche dramatische Strukturen in sich selbst radikal infrage stellt, hat es einen wesentlichen Beitrag zur politischen Kritik geleistet. Überhaupt war...