Magazin
Im Duett der Sprachen
Die deutsch-italienische Compagnia Barletti / Waas mit bilingualen Peter-Handke-Inszenierungen
von Thomas Irmer
Erschienen in: Theater der Zeit: Barbara Mundel – Stürzende Gegenwart (12/2022)
Assoziationen: Berlin
Seit fast zehn Jahren treten sie zum Beginn von Peter Handkes frühem Sprechstück „Selbstbezichtigung“ nackt auf, verkörpern so das unschuldige, noch nicht von normierter Sprache zugerichtete Kindesalter. Dann legen sie schwarze Kleidung an, die diese Frau und diesen Mann förmlich erscheinen lässt. Die Sätze ihrer Theaterbeichte werden unerbittlicher, aber auch absurder. Und sie verbinden zwei Sprachen, das Deutsche und das Italienische, nicht nur im Wechsel, sondern im Beisammensein, gesprochen und im Schriftbild. Woraus, wie auch bei anderen Produktionen des Duos, eine besondere Dynamik und Schönheit entsteht.
Das deutsch-italienische Duo ist seit Langem auch ein Paar, aber seit sie mit dieser „Autodiffamazione“ – 2013 in Rom uraufgeführt – in Deutschland und Italien unterwegs sind, haben sie wohl auch die ästhetische Ausrichtung ihrer Theaterarbeit gefunden. Intensität der bilingualen Sprach- und Sprechkunst bei minimaler Ausstattung und fast Berührungsnähe zum Publikum zusammen mit einer Auffassung von Stücken der Literatur, die sie unbedingt zur Aufführung bringen wollen. Auf der Handke-Linie folgte 2017 „Kaspar“ (ebenfalls in Zweierbesetzung), 2021 in gemeinsamer Regie das Riesenwerk „Über die Dörfer“ (mit fünf dazu engagierten Schauspieler:innen) und im öffentlichen Raum ein weiteres Sprechstück, „Weissagung“ (mit einer ganzen Sprechchor-Truppe, u. a. beim Performing Arts Festival Berlin vor dem Roten Rathaus).
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