Der Schauspieler ist für eine Theorie der Relation, die das Subjekt zu seinen sozialen Rollen unterhält, kein geeignetes Modell, hat Dirk Baecker argumentiert (TdZ 3/2013). Das stimmt. Jedenfalls dann, wenn man das Modell, das der Schauspieler für diese Relation bereitstellen soll, so versteht, dass es hinter den jeweiligen sozialen Rollen etwas wie ein wirkliches Selbst gibt, das sie souverän an- und ablegt – wie der Schauspieler seine Masken. Es lässt sich im Leben nicht auf diese Weise zwischen innen und außen unterscheiden, weil das Subjekt erst durch Nachahmung sozialer Rollen zum Subjekt wird. Indes hat eine sehr einflussreiche philosophische Tradition interessanterweise gerade die Einsicht, dass das Verhältnis von Selbst und sozialer Rolle kein äußerliches ist, zum Anlass einer weitreichenden Kritik am Schauspiel genommen. Denn ebendieser Umstand steht hier für eine strukturelle Nähe zwischen Spiel und Wirklichkeit.
Gerade weil das Schauspiel, so lautet Platons berühmter Einwand gegen das Theater, wie die gewöhnliche Erziehung auf Nachahmung gründet, bedeutet es eine Gefahr für das Gemeinwesen. Denn Nachahmungen können, so weiß Platon, „wenn man es von Jugend an stark damit treibt, in Gewöhnungen und Natur übergehen“. Während die Nachahmung in Platons Entwurf eines idealen Gemeinwesens strikt im Dienste der sozialisierenden Identitätsbildung steht, die lediglich...