Bertolt Brecht oder Der moderne Schauspieler
von Bernd Stegemann
Erschienen in: Lektionen 3: Schauspielen Theorie (12/2010)
Assoziationen: Schauspiel Theatergeschichte
Der nur Nachahmende, der nichts zu sagen hat
Zu dem, was er da nachahmt, gleicht
Einem armen Schimpansen, der das Rauchen
seines Bändigers nachahmt
Und dabei nicht raucht. Niemals nämlich
Wird die gedankenlose Nachahmung
Eine wirkliche Nachahmung sein.
Bertolt Brecht „Über die Nachahmung“1
Das epische Theater war die große Theatererneuerung der zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts. Die Explosionen des Ersten Weltkriegs hatten in der Gesellschaft wie in den Seelen der Menschen große Verwüstungen angerichtet. Die Kämpfe der Ideologien um die Vorherrschaft, wie das soziale Zusammenleben organisiert werden muss, bestimmten die öffentlichen Ausdrucksformen. Revolutionen waren plötzlich Wirklichkeit; ihre blutigen Verläufe und unabsehbaren Folgen ebenso. Auf dem Theater bestimmte der expressionistische Ton die Spielweise. Das große Pathos der leidenden Kreatur, die herausgebrüllten Klagen und Anklagen, die verzweifelten und weltumschlingenden Gesten wurden zum Kennzeichen dieser neuen Ausdrucksform.2 Erwin Piscator, der andere große Erfinder des epischen Theaters, nutzte die technischen Erfindungen seiner Zeit, um die Bühne zum Spiegel der Wirklichkeit zu machen. Seine Inszenierungen benutzten die Dramaturgie der Collage, um wie auf einer Zeitungsseite die zersplitterte Wirklichkeit als Mosaik darzustellen. Die Schauspieler agierten in Simultanbühnen, auf Drehscheiben, vor Filmprojektionen und auf Laufbändern in steter Bewegung. Ihr Dasein auf der Bühne war ein...