Theater der Zeit

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Ausgewählte Archivalien mit Bezug zur Bayerischen Theaterakademie August Everding

Thomas Schubert hat von 2014 bis 2016 im ­Stadtarchiv München den Nachlass von August Everding geordnet und verzeichnet. Seit 2017 ist er als Mitarbeiter des Bayerischen Hauptstaatsarchivs unter anderem mit der Erschließung der Unterlagen der Generalintendanz der Bayerischen Staatstheater aus den Jahren 1982–1993 befasst und betreut die Übernahme der von der Bayerischen Theaterakademie an das Hauptstaatsarchiv abgegebenen Akten.

von Thomas Schubert

Erschienen in: DAS FLÜCHTIGE GESTALTEN – 30 Jahre Bayerische Theaterakademie August Everding (11/2023)

Assoziationen: Theatergeschichte Dossier: Theater & Archiv

Bayerisches Hauptstaatsarchiv
Bayerisches Hauptstaatsarchiv

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Die Bayerische Theaterakademie August Everding hat in den dreißig Jahren ihres Bestehens bereits einen erheblichen Teil ihrer Unterlagen – Akten, Fotos, Programme und Informationsmaterial – an das zuständige Bayerische Hauptstaatsarchiv abgegeben.

Anhand dieser Akten lässt sich die Entwicklung der Theaterakademie seit ihrer Gründung nachvollziehen.

Wer aber die Abläufe verfolgen will, die zu dieser Gründung geführt haben, ist auf die Aktenüberlieferung bereits vor der Theaterakademie bestehender Institutionen angewiesen. Dafür kommt zunächst der Bestand Kultusministerium (MK) im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in Betracht. In der Akte mit der Signatur MK 50660 und dem pauschalen Betreff „Theaterschulen, Schauspielschulen – Allgemeines“, deren Inhalt sich über die Jahre 1945 bis 1967 erstreckt, findet sich eine Entschließung von 1951, nach der sich die Errichtung einer deutschen Theaterakademie „als unerlässliche Notwendigkeit […] ergeben hat“. (Abbildung S. 47)

Dieser Appell wurde am 11. September 1951 vom Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft deutscher Studentenbühnen mehreren Adressaten im Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus sowie dem Minister selbst mit der Bitte übersandt, „mir gelegentlich Ihre werte Meinungsäußerung“ zukommen zu lassen. (Abbildung S. 48)

Bis Ende des Jahres 1951 erklärten die Leiter von Staatsoper, Staatsschauspiel und Staatsoperette in Bayern gegenüber dem Ministerium ihre Zustimmung zu der skizzierten Idee einer Theaterakademie, zum Teil mit weitergehenden Ausführungen zu deren möglicher Ausgestaltung.

Diese Äußerungen verwendete das Ministerium, um seinerseits im Januar 1952 ein Votum an die Ständige Konferenz der Kultusminister abzugeben, in dem der Gedanke der Errichtung einer Theaterakademie aufgegriffen wurde, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass dies „bedeutende finanzielle Aufwendungen erfordern“ würde. (Abbildungen S. 51–53)

Damit enden die Überlegungen in der Akte, ohne dass die Thematik bis zum Ende ihrer Laufzeit (1967) wieder aufgegriffen wurde. Man könnte sagen: Alle seinerzeit Maßgeblichen fanden die Idee einer Akademie gut, aber offenbar hat niemand konkrete Schritte zur Gründung einer solchen Institution unternommen.

Vorwärts in Richtung einer Akademie-Gründung ging es erst wieder durch August Everding, der 1953 als Assistent an den Münchner Kammerspielen begonnen hatte und über zahlreiche Positionen bis zum Gründungspräsidenten der Bayerischen Theaterakademie aufstieg.

Es ist nicht auszuschließen, dass Everding während seiner Studienzeit (1949–1953) von der Initiative im Jahre 1951 erfahren hat. Er bezog sich jedoch nicht darauf, als er 1967 ein „Memorandum zur Errichtung einer Akademie der darstellenden Künste in München“ verfasste. (Abbildungen S. 58–61)

Überliefert ist diese Ausarbeitung im Akt General­intendanz der Bayerischen Staatstheater 1537 im Bayerischen Hauptstaatsarchiv, und zwar als Anlage zu einem Schreiben vom 27. März 1984 an die damalige Kultusstaatssekretärin Dr. Mathilde Berghofer-Weichner. Everding äußerte sich nach einem Besuch der Staatssekretärin im Prinzregententheater dankbar und anerkennend, und er sprach das Anliegen, eine Akademie der darstellenden Künste zu gründen, ­ausdrücklich an.

Geht man von August Everdings Bestrebungen zur Gründung einer Theaterakademie aus, so sind seinem Werdegang entsprechend sowohl Archivalien aus ­seiner Zeit in städtischen Diensten (zuletzt 1963–1973 als Intendant der Münchner Kammerspiele) als auch aus seinem Nachlass im Stadtarchiv München sowie aus den beiden Beständen Intendanz der Bayerischen Staatsoper und Generalintendanz der Bayerischen Staatstheater im Bayerischen Hauptstaatsarchiv relevant.

Auf allen Stationen seines beruflichen Werdegangs hatte August Everding es verstanden, nicht lockerzulassen und den Weg bis zu der Gründung der Akademie vor nunmehr dreißig Jahren erfolgreich zu beschreiten. Dabei war er auf die Unterstützung von vielen Personen des öffentlichen und vor allem des politischen Lebens angewiesen, die er sich meisterhaft zu sichern verstand.

Einen kleinen Einblick in den weiteren Verlauf bis zum Entstehen der Akademie geben Briefe, die jeweils die erzielten Fortschritte oder auch die drohenden Rückschläge dokumentieren.

Hier ist vor allem die zeitliche Phase zu betrachten, in der bekannt wurde, dass in Stuttgart eine Akademie ähnlich der von Everding in München geplanten gegründet werden sollte. Immer wieder betont Everding in Schreiben an die politischen Instanzen des Freistaats, dass er über dieses Vorpreschen von baden-württembergischer Seite sehr verärgert sei. Vielleicht hat aber gerade diese Konstellation letztlich den nötigen Schub geliefert, um 1993 schließlich eine Theaterakademie in München zu installieren.

Eng verbunden mit dem zeitlichen Vorlauf bis zur Gründung der Theaterakademie ist die Geschichte der Reaktivierung des Prinzregententheaters, das als Spielstätte der Staatsoper ausgedient hatte, nachdem ab 1963 das wiederaufgebaute Nationaltheater genutzt werden konnte. Danach fiel das Prinzregententheater in eine Art Dornröschenschlaf – von den Staatstheatern zeitweise als Probebühne genutzt, aber in den Zuschauerbereichen nicht mehr renoviert.

Bewusst hatte August Everding 1982 sein Büro als neuer Generalintendant der Bayerischen Staatstheater im Prinzregententheater eingerichtet, was auch gegenüber der Presse entsprechend inszeniert wurde. Im Sprachgebrauch der Zeit könnte man von einer „Instandbesetzung“ sprechen, denn der Einzug in dieses traditionsreiche Haus erfolgte mit der Absicht, es durch eine schrittweise Instandsetzung wieder zu einem seiner Geschichte äußerlich und innerlich würdigen Ort zu machen, an dem sogar wieder ein Spielbetrieb stattfinden konnte.

Die vielen kleinen und großen Schritte, die letztlich zur Wiederherstellung des Prinzregententheaters als nutzbare Spielstätte und spätere „Heimat“ der Theaterakademie führten, sind ebenfalls aus den Akten im Bestand Generalintendanz der Bayerischen Staatstheater ersichtlich. Ergänzend können Akten aus anderen Beständen des Bayerischen Hauptstaatsarchivs oder des Archivs des Bayerischen Landtags herangezogen werden, um beispielsweise die haushaltsmäßige Umsetzung der einzelnen Maßnahmen nachzuvollziehen. Die gesamte Entwicklung erschließt sich jedoch am deutlichsten aus dem Aktenmaterial, das in August Everdings Büro im Prinzregententheater entstanden und das heute in die Bestände Generalintendanz der Bayerischen Staatstheater und Theaterakademie August Everding eingegangen ist.

Die hier gezeigten Beispiele sollen einen kleinen Einblick in die Entwicklungsschritte vor und ab dem Bestehen der Theaterakademie geben und gleichzeitig dazu anregen, dieses Archivmaterial bei zukünftigen Forschungen verstärkt heranzuziehen.

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